748
Mäbly: Angelus Politianus,
So stellt er sich vor euren Richterstuhl; ihr sollt
Entscheiden, ob er Tadel oder Lob verdient.
Synapothneskontes hebst ein Stück von Diphilus,
Aus welchem Plautus seine Commorientes schuf.
Im Griechischen raubt ein Jüngling im Beginn des Stücks
Ein Mädchen einem Kuppler: diese Stelle blieb
Von Plautus unberührt, und unser Dichter nahm
Sie wörtlich übertragen in die Brüder auf.
Dies neue Stück spielt heute; jetzt urtheilet ihr,
Ob das ein Raub ist, oder ob er einen Stoff
Nur nachgeholt, der achtlos übersehen war.
Denn was die Feinde sagen, dass gar edle Herrn
Ihm helfen, ihm beständig ihre Feder leih’n —
Womit sie glauben ihn zu schmäh’n — das achtet er
Als höchsten Lobspruch, weil er Männern wohlgefällt,
Die euch gesammt gefallen und dem ganzen Volk,
Von deren Dienst im Frieden, im Geschäft, im Krieg
Wo’s galt, ein Jeder ohne Stolz Vortheile zog.
Erwartet nicht des Stückes Inhalt weiter! Ihn
Thun theils die Greise, die zuerst auftreten, kund;
Theils offenbart ihn der Verlauf. O rege nur,
Noch mehr zu dichten, eure Gunst den Dichter auf!
Mag aus diesen wenigen Proben die Bestätigung unseres oben
ausgesprochenen Urtheils entnommen werden; sollten dieselben nicht
für genügend erachtet werden, so kann ein Jeder nach Belieben
andere, ähnliche Proben^ aus jedem der sechs Stücke, die in beiden
Bänden vertheilt sind, sich herausnehmen. Im ersten Bande ist das
Mädchen von Andros, der Eunuch und der Selbstquäler enthalten,
im zweiten die Brüder, die Schwiegermutter und Phormio. Hinter
jedem Stück folgen Anmerkungen, welche Erklärungen von ein-
zelnen sachlichen Punkten, die in dem Stücke berührt sind, bringen.
Druck und Papier ist in derselben preiswürdigen Weise, wie bei
den Uebersetzungen der griechischen Dichter gehalten.
Chr. Bähr.
Angelus Politianus. Ein Culturbild aus der Renaissance vonDr.
Jacob Mähly. Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teub-
ner. 1864. 173 S. in 8.
Das Zeitalter der sogenannten Humanisten, richtiger die Zeit
des in Italien wieder frisch aufblühenden wissenschaftlichen Lebens,
das an die Studien des classischen Alterthums sich anlehnt, viel-
fach mit dem französischen, nach uuserm Ermessen eben so un-
nöthigen als unpassenden Ausdruck der „Renaissance“ bezeichnet,
ist in unsern Tagen mehr als früher Gegenstand eingehender Be-
Mäbly: Angelus Politianus,
So stellt er sich vor euren Richterstuhl; ihr sollt
Entscheiden, ob er Tadel oder Lob verdient.
Synapothneskontes hebst ein Stück von Diphilus,
Aus welchem Plautus seine Commorientes schuf.
Im Griechischen raubt ein Jüngling im Beginn des Stücks
Ein Mädchen einem Kuppler: diese Stelle blieb
Von Plautus unberührt, und unser Dichter nahm
Sie wörtlich übertragen in die Brüder auf.
Dies neue Stück spielt heute; jetzt urtheilet ihr,
Ob das ein Raub ist, oder ob er einen Stoff
Nur nachgeholt, der achtlos übersehen war.
Denn was die Feinde sagen, dass gar edle Herrn
Ihm helfen, ihm beständig ihre Feder leih’n —
Womit sie glauben ihn zu schmäh’n — das achtet er
Als höchsten Lobspruch, weil er Männern wohlgefällt,
Die euch gesammt gefallen und dem ganzen Volk,
Von deren Dienst im Frieden, im Geschäft, im Krieg
Wo’s galt, ein Jeder ohne Stolz Vortheile zog.
Erwartet nicht des Stückes Inhalt weiter! Ihn
Thun theils die Greise, die zuerst auftreten, kund;
Theils offenbart ihn der Verlauf. O rege nur,
Noch mehr zu dichten, eure Gunst den Dichter auf!
Mag aus diesen wenigen Proben die Bestätigung unseres oben
ausgesprochenen Urtheils entnommen werden; sollten dieselben nicht
für genügend erachtet werden, so kann ein Jeder nach Belieben
andere, ähnliche Proben^ aus jedem der sechs Stücke, die in beiden
Bänden vertheilt sind, sich herausnehmen. Im ersten Bande ist das
Mädchen von Andros, der Eunuch und der Selbstquäler enthalten,
im zweiten die Brüder, die Schwiegermutter und Phormio. Hinter
jedem Stück folgen Anmerkungen, welche Erklärungen von ein-
zelnen sachlichen Punkten, die in dem Stücke berührt sind, bringen.
Druck und Papier ist in derselben preiswürdigen Weise, wie bei
den Uebersetzungen der griechischen Dichter gehalten.
Chr. Bähr.
Angelus Politianus. Ein Culturbild aus der Renaissance vonDr.
Jacob Mähly. Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teub-
ner. 1864. 173 S. in 8.
Das Zeitalter der sogenannten Humanisten, richtiger die Zeit
des in Italien wieder frisch aufblühenden wissenschaftlichen Lebens,
das an die Studien des classischen Alterthums sich anlehnt, viel-
fach mit dem französischen, nach uuserm Ermessen eben so un-
nöthigen als unpassenden Ausdruck der „Renaissance“ bezeichnet,
ist in unsern Tagen mehr als früher Gegenstand eingehender Be-