888
Fichte: Psychologie.
die Entwickelungsgeschichte des erkennenden, fühlenden und
wollenden Bewusstseins gebaut.
Der vorliegende erste Th eil umfasst drei Bücher, das
erste Buch den Geist und das Bewusstsein, das zweite
Buch, welches mit der Entwickelungsgeschichte des Er-
kennens oder der E r k e η n t n i s sl e h r e beginnt, die Lehre
vom sinnlichen Erkennen, das dritte Buch die Lehre
vom Vorstellen
Das erste Buch, welches vom Geiste und dem Bewusst-
sein handelt, bestimmt das „apriorische Wesen des Gei-
stes“ im ersten Kapitel (S. 71 —147), das Wesen und
den Grund desBewusstseins im z w e i t e η K a p i tel, (S. 148
— 210), das Verhältniss des erkennenden, fühlenden und
wollenden Bewusstseins im dritten Kapitel (S. 211—253).
Die Frage nach der Apriorität des Geistes ist die Frage nach
dem An sich desselben. Die genauere Prüfung derselben führt
zur Wahrheit des Individualismus, dessen Princip von see-
lischer und leiblicher Seite bestätigt wird. Der Geist ist die
„Einheit einer Mannigfaltigkeit von Anlagen.“ Damit wird die
Untersuchung über das Verhältniss von Leibnit z und Her bart
zu dieser Begriffsbestimmung des Geistes verbunden. Der Geist als
blosses Realwesen und Realwirken ist noch „Unbewusstheit.“
Wenn er die Sphäre des blossen Realseins und Realwirkens über-
schreitet und damit die der Unbewusstheit, also in den Zustand des
Bewusstseins gelangt, beginnen „die eigentlichen Aufgaben der
Psychologie,“ weil diese die Entwickelungsgeschichte des Be-
wusstseins ist. Das Bewusstsein ist „die Erleuchtung der innern
Zustände“ des Geistes, das Bewusstsein bringt also nichts Neues
hervor, sondern begleitet mit seinem Lichte die realen Zustände
und Veränderungen der Seele. Das Bewusstsein ist das „subjective
Licht“ der „objectiven“ Seelenzustände. Hier, im Bewusstsein,
decken sich also Subject und Object, weil das Bewusstsein nur
das erleuchten kann, was in der Seele ist.
Die „Quelle des Bewusstseins“ ist also „in der Seele.“ Wenn
nun der Hr. Verf. mit dieser seiner Ansicht S. 83 jederlei Vor-
stellung abweisen will, „als ob der bewusste Zustand in die Seele
von Aussen hineingebracht und ihr eingeprägt werden könne,“
etwa durch Einwirken und sich Abbilden der „äussern Dinge“ und
die Seele darum „allein“ zur Bewusstseinsquelle macht, so muss
diese Behauptung nach des Refer. Dafürhalten eine Einschränkung
erhalten. Selbst, wenn man auch mit dem Hrn. Verf. das Bewusst-
sein als die Beleuchtung innerer Seelenzustände ansieht, so darf
man nicht übersehen, dass ja diese Zustände sich a's Veränderungen
der Seele darstellen. Nun sind aber diese Veränderungen des Re-
alen der Seele ohne ein Verhältniss zu einem andern Realen, das
die Seele nicht ist, nicht denkbar. Sagt doch der Hr. Verf. selbst
sehr richtig. S. 5: „Jede Veränderung, wenn sie auch als ein-
Fichte: Psychologie.
die Entwickelungsgeschichte des erkennenden, fühlenden und
wollenden Bewusstseins gebaut.
Der vorliegende erste Th eil umfasst drei Bücher, das
erste Buch den Geist und das Bewusstsein, das zweite
Buch, welches mit der Entwickelungsgeschichte des Er-
kennens oder der E r k e η n t n i s sl e h r e beginnt, die Lehre
vom sinnlichen Erkennen, das dritte Buch die Lehre
vom Vorstellen
Das erste Buch, welches vom Geiste und dem Bewusst-
sein handelt, bestimmt das „apriorische Wesen des Gei-
stes“ im ersten Kapitel (S. 71 —147), das Wesen und
den Grund desBewusstseins im z w e i t e η K a p i tel, (S. 148
— 210), das Verhältniss des erkennenden, fühlenden und
wollenden Bewusstseins im dritten Kapitel (S. 211—253).
Die Frage nach der Apriorität des Geistes ist die Frage nach
dem An sich desselben. Die genauere Prüfung derselben führt
zur Wahrheit des Individualismus, dessen Princip von see-
lischer und leiblicher Seite bestätigt wird. Der Geist ist die
„Einheit einer Mannigfaltigkeit von Anlagen.“ Damit wird die
Untersuchung über das Verhältniss von Leibnit z und Her bart
zu dieser Begriffsbestimmung des Geistes verbunden. Der Geist als
blosses Realwesen und Realwirken ist noch „Unbewusstheit.“
Wenn er die Sphäre des blossen Realseins und Realwirkens über-
schreitet und damit die der Unbewusstheit, also in den Zustand des
Bewusstseins gelangt, beginnen „die eigentlichen Aufgaben der
Psychologie,“ weil diese die Entwickelungsgeschichte des Be-
wusstseins ist. Das Bewusstsein ist „die Erleuchtung der innern
Zustände“ des Geistes, das Bewusstsein bringt also nichts Neues
hervor, sondern begleitet mit seinem Lichte die realen Zustände
und Veränderungen der Seele. Das Bewusstsein ist das „subjective
Licht“ der „objectiven“ Seelenzustände. Hier, im Bewusstsein,
decken sich also Subject und Object, weil das Bewusstsein nur
das erleuchten kann, was in der Seele ist.
Die „Quelle des Bewusstseins“ ist also „in der Seele.“ Wenn
nun der Hr. Verf. mit dieser seiner Ansicht S. 83 jederlei Vor-
stellung abweisen will, „als ob der bewusste Zustand in die Seele
von Aussen hineingebracht und ihr eingeprägt werden könne,“
etwa durch Einwirken und sich Abbilden der „äussern Dinge“ und
die Seele darum „allein“ zur Bewusstseinsquelle macht, so muss
diese Behauptung nach des Refer. Dafürhalten eine Einschränkung
erhalten. Selbst, wenn man auch mit dem Hrn. Verf. das Bewusst-
sein als die Beleuchtung innerer Seelenzustände ansieht, so darf
man nicht übersehen, dass ja diese Zustände sich a's Veränderungen
der Seele darstellen. Nun sind aber diese Veränderungen des Re-
alen der Seele ohne ein Verhältniss zu einem andern Realen, das
die Seele nicht ist, nicht denkbar. Sagt doch der Hr. Verf. selbst
sehr richtig. S. 5: „Jede Veränderung, wenn sie auch als ein-