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Kr, 43. HEIDELBERGER 1866.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Kenner Friedr., Vindobona, eine archäologische Untersuchung über
den Zustand Wiens während der Herrschaft der Römer. Aus
dem IX. Band der Mittheilungen des Alterthums - Vereins su
Wien. Wien 1866. 48 8. 4.
Der andere Custos des k. k. Münz- und Antiken - Cabinets,
der als Alterthumsforscher gleich bekannte Dr. Kenner hat in
vorliegender Schrift wiederum ein schönes Zeugniss seines Fleisses
und seiner Combinationsgabe vorgelegt. Was immer nämlich über
Wien bisher aus der Römer Zeit zerstreut umherlag und fast ver-
steckt war, hat er an das Tageslicht gezogen, und eine recht aus-
führliche Geschichte des römischen Wien zusammengesetzt. Wien
hiess als keltischer Ort Vindomina, wofür die Römer — wegen der
bösen Bedeutung des zweiten Theiles im Wort minor drohen, wie
der Verfasser angibt —Vindobona machten: auch anderwärts wie
am Rhein finden wir, dass die Römer den keltischen Städten einen
römischen oder andern Namen gaben, ohne dass gerade ihre ängst-
liche Superstition daran schuld war, sondern vielmehr die alte Ge-
wohnheit, wo sie eine Colonie hinführten, auch da einen andern
Namen mitzubringen. In einer ara, worauf man bisher den nach-
maligen Kaiser Tiberius erkannte, nimmt der Verfasser mit Recht
eine spätere Zeit an. Gleichwohl mag Tiberius bei seinem Feldzuge
gegen Marbod bereits dahier eine Zeltstadt mit Erdwällen gehabt
haben. Unter Kaiser Claudius lagen hier schon über 2000 Mann,
ohne dass man die Truppen genau angeben kann. Vespasian legte
um das Jahr 70 die legio XIII gemina hier ein_, worin der Verf.
mit mir übereinstimmt, indem ich sie bis in diese Zeit in Mainz
ansetze (vergl. Meine Legionsgeschichte S. 8), während Archivar
Grotefend sie schon unter Claudius den Oberrhein verlassen lässt
(Pauly, Real-Encycl. IV. S. 892). Da zugleich eine Abtheilung
eines britannischen Geschwaders da lag: so sind dies vier bis fünf-
tausend Mann. Es musste also Wien unter Vespasian vergrössert
werden. Als nach dreissigjährigem Aufenthalt die eilfte Legio nach
Dacien kam, kehrte die X. gemina pia fidelis, welche bisher in
Untergermanien lag, hier ein und blieb über 300 Jahre zu Wien
in Garnison. Da sich nur ein Ziegel der legio XXX Ulpia victrix
vorfand, so nimmt der Verfasser mit Recht keinen längeren Auf-
enthalt hier an — wie dies einige Gelehrte wegen eines oder des
andern Denkmales am Rhein thun wollten, sondern er glaubt, »sie
sei auf ihrem Marsch nach Dacien durch Vindobona gekommen« (S. 12).
Auch von der XIIII. finden sich Inschriften, welche bekanntlich im
LIX Jahrg. 9. Heft. 43
 
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