Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen Vereine.
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reitete, aber die Wange allmählig immer stärker hervortrieb. Zahn-
schmerzen traten zwischen durch wiederholt auf und besonders
störend war die zunehmende Entstellung. Diese bewog sie endlich
Hülfe zu suchen. Wir fanden die ganze untere Partie der linken
Wange stark hervorgewölbt durch eine fast gänseeigrosse Unter-
kiefergeschwulst , welche vom aufsteigenden Aste des Kiefers bis
zur Gegend des foramen mentale der linken Seite reichte und eine
äusserst gleichmässige Oberfläche darbot. Die Haut über derselben
liess sich frei verschieben. Vom Munde aus liess sich constatiren,
dass die Geschwulst von einer sehr dünnen, elastischen, pergament-
artig knitternden Knochenschale umgeben war, durch welche sich
deutlich Fluctuation nachweisen liess. Die Innenwand des Kiefers
war vollkommen hart und fest. Die zwei letzten Backenzähne waren
aber mit ihren Kronen schräg nach einwärts gewandt, und erschie-
nen gelockert. Der Umstand, dass die Haut über der Geschwulst
eine ganz leichte Röthung zeigte und eine geringe Temperaturer-
höhung nachweisen liess, bewog den Vortragenden nicht eine ein-
fache seröse Cyste zu diagnosticiren, sondern die Vermuthung aus-
zusprechen, dass es sich um eine entzündliche Entartung einer
solchen handeln möge,
Behufs der Operation, welche am 27. April ausgeführt wurde,
machte Weber einen halbmondförmigen Schnitt, welcher-etwas ober-
halb des hinteren Winkels des Kriefers begann, an dessen unterem
Rande nach vorn fortgeführt wurde und unter dem foramen men-
tale endigte. Die dabei durchschnittene arteria maxillaris externa
wurde sofort an beiden Enden unterbunden. Nach Blosslegung der
Geschwulst wurde das Periost auf dem unteren Rande des Kiefers
gespalten und sodann mit dem Hebel nach beiden Seiten zurück-
gestreift. Die nun blossliegende Cystenwand wurde mit einem
starken Resectionsmesser in derselben Richtung ihrer ganzen Länge
nach gespalten, wobei sich drei Unzen eines sehr cholestearinreichen
flockigen sehr dicken Eiters ergoss. Indem man mit dem Fin-
ger in die Höhle einging bog man die dünne Schale zurück und
erblickte nun eine mehrbuchtige Höhle von der Grösse eines Gänse-
eis, deren Wand von einer mit zarten Granulationen bedeckten
Membran ausgekleidet war. Durch dieselbe schimmerte in der gan-
zen Länge seines Verlaufs im Knochen der nervus alveolaris in-
ferior und die Gefässe, die natürlich unversehrt bleiben. In die
Höhle hinein ragten querstehend von ihren Alveolarfächern und
von Knochenwucherungen umhüllt die Wurzeln des 4. u. 5. Backen-
zahnes. Auch diese dornigen Knochenstacheln, welche besonders
stark am 4. Backzahne entwickelt waren, erschienen von der Abs-
zessmembran bekleidet. Die ganze Innenwand des Kiefers war
fest, nur an den beiden Zähnen etwas dünner. Die Höhle erstreckte
sich aber von der Wurzel des ersten Backzahns bis in den auf-
steigenden Ast und bis zum Ursprünge der beiden Fortsätze des-
selben hinauf. Es wurde nun der grösste Theil der Knochenschale
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reitete, aber die Wange allmählig immer stärker hervortrieb. Zahn-
schmerzen traten zwischen durch wiederholt auf und besonders
störend war die zunehmende Entstellung. Diese bewog sie endlich
Hülfe zu suchen. Wir fanden die ganze untere Partie der linken
Wange stark hervorgewölbt durch eine fast gänseeigrosse Unter-
kiefergeschwulst , welche vom aufsteigenden Aste des Kiefers bis
zur Gegend des foramen mentale der linken Seite reichte und eine
äusserst gleichmässige Oberfläche darbot. Die Haut über derselben
liess sich frei verschieben. Vom Munde aus liess sich constatiren,
dass die Geschwulst von einer sehr dünnen, elastischen, pergament-
artig knitternden Knochenschale umgeben war, durch welche sich
deutlich Fluctuation nachweisen liess. Die Innenwand des Kiefers
war vollkommen hart und fest. Die zwei letzten Backenzähne waren
aber mit ihren Kronen schräg nach einwärts gewandt, und erschie-
nen gelockert. Der Umstand, dass die Haut über der Geschwulst
eine ganz leichte Röthung zeigte und eine geringe Temperaturer-
höhung nachweisen liess, bewog den Vortragenden nicht eine ein-
fache seröse Cyste zu diagnosticiren, sondern die Vermuthung aus-
zusprechen, dass es sich um eine entzündliche Entartung einer
solchen handeln möge,
Behufs der Operation, welche am 27. April ausgeführt wurde,
machte Weber einen halbmondförmigen Schnitt, welcher-etwas ober-
halb des hinteren Winkels des Kriefers begann, an dessen unterem
Rande nach vorn fortgeführt wurde und unter dem foramen men-
tale endigte. Die dabei durchschnittene arteria maxillaris externa
wurde sofort an beiden Enden unterbunden. Nach Blosslegung der
Geschwulst wurde das Periost auf dem unteren Rande des Kiefers
gespalten und sodann mit dem Hebel nach beiden Seiten zurück-
gestreift. Die nun blossliegende Cystenwand wurde mit einem
starken Resectionsmesser in derselben Richtung ihrer ganzen Länge
nach gespalten, wobei sich drei Unzen eines sehr cholestearinreichen
flockigen sehr dicken Eiters ergoss. Indem man mit dem Fin-
ger in die Höhle einging bog man die dünne Schale zurück und
erblickte nun eine mehrbuchtige Höhle von der Grösse eines Gänse-
eis, deren Wand von einer mit zarten Granulationen bedeckten
Membran ausgekleidet war. Durch dieselbe schimmerte in der gan-
zen Länge seines Verlaufs im Knochen der nervus alveolaris in-
ferior und die Gefässe, die natürlich unversehrt bleiben. In die
Höhle hinein ragten querstehend von ihren Alveolarfächern und
von Knochenwucherungen umhüllt die Wurzeln des 4. u. 5. Backen-
zahnes. Auch diese dornigen Knochenstacheln, welche besonders
stark am 4. Backzahne entwickelt waren, erschienen von der Abs-
zessmembran bekleidet. Die ganze Innenwand des Kiefers war
fest, nur an den beiden Zähnen etwas dünner. Die Höhle erstreckte
sich aber von der Wurzel des ersten Backzahns bis in den auf-
steigenden Ast und bis zum Ursprünge der beiden Fortsätze des-
selben hinauf. Es wurde nun der grösste Theil der Knochenschale