Br. 4?. HEIDELBERGER HUB.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen
Vereins zu Heidelberg.
(Schluss.)
Dieser letzte Satz, der, wie die Untersuchung zeigt, von den
vorausgehenden nicht implicirt ist, entspricht der Eigenschaft, die
wir bei Functionen complexer Grössen die Monodromie nennen.
Sobald diese vier Bedingungen erfüllt werden sollen, folgt auf
rein analytischem Wege, dass eine homogene Function zweiten
Grades der Grössen du, dv, dw existirt, welche bei der Drehung
unverändert bleibt, und also ein von der Richtung unabhängiges
Maass des Linienelements gibt. *)
Damit ist R i e m a η n ’ s Ausgangspunkt gewonnen, und es folgt
auf dem von ihm betretenen Wege weiter, dass wenn die Zahl der
Dimensionen auf drei festgestellt, und die unendliche Ausdehnung
des Raumes gefordert wird, keine andere Geometrie möglich ist,
als die von Euklides gelehrte.
Das erste Postulat, welches auch Riemann aufgestellt hat,
ist nichts als die analytische Definition der Begriffe der Continuir-
lichkeit des Raumes und seiner mehrfachen Ausdehnung.
Die Postulate 2 bis 4 müssen offenbar als erfüllt vorausge-
setzt werden, wenn überhaupt von Congruenz die Rede sein soll.
Also sind diese Annahmen die Bedingungen für die Möglichkeit
der Congruenz, und liegen, wenn auch meist nicht deutlich ausge-
sprochen, den elementaren Beweisen der Geometrie, die alle Raum-
messung auf Congruenz gründet, zu Grunde.
Das System dieser Postulate macht also keine Voraussetzun-
gen, die die gewöhnliche Form der Geometrie nicht auch machte;
es ist vollständig und genügend auch ohne die speziellen Axiome
über die Existenz gerader Linien und Ebenen, und ohne das Axiom
über die Parallellinien. In theoretischer Beziehung hat es den Vor-
zug, dass seine Vollständigkeit sich leichter controlliren lässt.
Hervorzuheben ist, dass hierbei deutlicher heraustritt, wie ein
bestimmter Cbaracter der Festigkeit und ein besonderer Grad von
Beweglichkeit der Naturkörper vorausgesetzt wird, damit ein sol-
ches Messungssystem wie das in der Geometrie gegebene über-
haupt eine thatsächliche Bedeutung haben können. Die Unabhän-
*) Der mathematische Beweis wird zunächst in den Sitzungsberichten
der Göttinger Königl. Gesellschaft ausführlich gegeben werden.
LXI. Jahrg. 10. Heft. 47
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Verhandlungen des naturhistorisch-medizinischen
Vereins zu Heidelberg.
(Schluss.)
Dieser letzte Satz, der, wie die Untersuchung zeigt, von den
vorausgehenden nicht implicirt ist, entspricht der Eigenschaft, die
wir bei Functionen complexer Grössen die Monodromie nennen.
Sobald diese vier Bedingungen erfüllt werden sollen, folgt auf
rein analytischem Wege, dass eine homogene Function zweiten
Grades der Grössen du, dv, dw existirt, welche bei der Drehung
unverändert bleibt, und also ein von der Richtung unabhängiges
Maass des Linienelements gibt. *)
Damit ist R i e m a η n ’ s Ausgangspunkt gewonnen, und es folgt
auf dem von ihm betretenen Wege weiter, dass wenn die Zahl der
Dimensionen auf drei festgestellt, und die unendliche Ausdehnung
des Raumes gefordert wird, keine andere Geometrie möglich ist,
als die von Euklides gelehrte.
Das erste Postulat, welches auch Riemann aufgestellt hat,
ist nichts als die analytische Definition der Begriffe der Continuir-
lichkeit des Raumes und seiner mehrfachen Ausdehnung.
Die Postulate 2 bis 4 müssen offenbar als erfüllt vorausge-
setzt werden, wenn überhaupt von Congruenz die Rede sein soll.
Also sind diese Annahmen die Bedingungen für die Möglichkeit
der Congruenz, und liegen, wenn auch meist nicht deutlich ausge-
sprochen, den elementaren Beweisen der Geometrie, die alle Raum-
messung auf Congruenz gründet, zu Grunde.
Das System dieser Postulate macht also keine Voraussetzun-
gen, die die gewöhnliche Form der Geometrie nicht auch machte;
es ist vollständig und genügend auch ohne die speziellen Axiome
über die Existenz gerader Linien und Ebenen, und ohne das Axiom
über die Parallellinien. In theoretischer Beziehung hat es den Vor-
zug, dass seine Vollständigkeit sich leichter controlliren lässt.
Hervorzuheben ist, dass hierbei deutlicher heraustritt, wie ein
bestimmter Cbaracter der Festigkeit und ein besonderer Grad von
Beweglichkeit der Naturkörper vorausgesetzt wird, damit ein sol-
ches Messungssystem wie das in der Geometrie gegebene über-
haupt eine thatsächliche Bedeutung haben können. Die Unabhän-
*) Der mathematische Beweis wird zunächst in den Sitzungsberichten
der Göttinger Königl. Gesellschaft ausführlich gegeben werden.
LXI. Jahrg. 10. Heft. 47