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Kritiken.
nis Fürstenbergs, durch die Strassburger Gesandten und den spanischen
Bericht (bei Kalkoff S. 51) bestätigt. Darauf deutet weiterbin Luthers
eigene Entschuldigung am nächsten Tage seiner mönchischen Erziehung
wegen, sowie die einstimmige Hervorhebung mehrerer Augenzeugen,
dass er beim zweiten Verhör (18. April) fröhlich und unerschrocken
erschienen sei. Ferner muss betont werden, dass der wichtigste
Gegenzeuge, den Hausrath aufruft, Aleander, nicht nur beim zweiten
(nach Peutinger), sondern auch beim ersten Verhör gar nicht zugegen
gewesen ist, und zwar offenbar grundsätzlich, denn nur das entsprach
der Haltung, die die Kurie von Anfang an gegenüber dem Verhör
vor den Reichsständen eingenommen hatte und einnehmen musste;
damit fällt auch die irrige Begründung auf S. 260: nicht aus Angst
blieben die Nuntien der Reichsversammlung am 18. April fern, sondern
um der res judicata grundsätzlich nichts zu vergeben. Bei der Be-
urteilung Johann Fabers, der irrtümlich „der einstige Beichtvater des
Kaisers Maximilian“ genannt wird (S. 106), ist die wichtige Unter-
suchung von N. Paulus im historischen Jahrbuch der Görresgesellschaft
(1896, 39 ff.) übersehen. Dass Karl im Einverständnis mit Chievres
und Glapio jenen Dominikanerprior nach seiner famosen Leichenrede
bei der Totenfeier des Kardinals Wilhelm von Croy geflissentlich
ausgezeichnet und damit einen Schachzug gegen Rom beabsichtigt
habe (S. 107), ist eine übereilte Behauptung, vor der die Einsicht in
den Bericht des englischen Gesandten Spinelli hätte bewahren können.
Dagegen wären die Beziehungen Fabers zu Erasmus und sein bedeut-
samer Vermittlungsvorschlag in Luthers Sache, wie er ihn in dem
„Consilium cuiusdam ex animo cupientis esse consultum et R. Ponti-
ficis dignitati et Christianae religionis trancjuillitati“ beredt nieder-
gelegt hat, wohl einer eingänglicheren Beachtung wert gewesen, um
so mehr als gerade die Heidelberger Bibliothek eine treffliche gleich-
zeitige Verdeutschung jenes interessanten Gutachtens besitzt: „Rat-
schlag ains der von hertzen begerdt das gnug beschech des Römischen
stuls wirdigkait vnd darzu des Christenlichen standts frid“ (4 Bll. in
4°. Signatur: Q 1688, Nr. 7), weit erfreulicher übrigens zu lesen,
als die moderne Uebersetzung in dem Paulusschen Aufsatz. Die
S. 111 (vgl. S. 121) gezogene Parallele, dass Glapio „Luther, falls
er seine Ketzereien abschwor, ebenso brauchen wollte, um Rom zu
schrecken, wie er sich soeben Fabers zu gleichem Zwecke bediente“,
ist sicher falsch, wie denn überhaupt die Rolle dieses feilen Strebers
überschätzt wird; dass er „dem Nuntius gegenüber die Notwendigkeit
einer Reform der Kurie betonte“ (S. 110) ist vollends ein verspäteter
Nachhall der Maurenbrecherschen Legende, das richtige giebt Kalkoff
(1) S. 88 f. 165. Worauf mag sich wohl die wunderliche Behauptung
Kritiken.
nis Fürstenbergs, durch die Strassburger Gesandten und den spanischen
Bericht (bei Kalkoff S. 51) bestätigt. Darauf deutet weiterbin Luthers
eigene Entschuldigung am nächsten Tage seiner mönchischen Erziehung
wegen, sowie die einstimmige Hervorhebung mehrerer Augenzeugen,
dass er beim zweiten Verhör (18. April) fröhlich und unerschrocken
erschienen sei. Ferner muss betont werden, dass der wichtigste
Gegenzeuge, den Hausrath aufruft, Aleander, nicht nur beim zweiten
(nach Peutinger), sondern auch beim ersten Verhör gar nicht zugegen
gewesen ist, und zwar offenbar grundsätzlich, denn nur das entsprach
der Haltung, die die Kurie von Anfang an gegenüber dem Verhör
vor den Reichsständen eingenommen hatte und einnehmen musste;
damit fällt auch die irrige Begründung auf S. 260: nicht aus Angst
blieben die Nuntien der Reichsversammlung am 18. April fern, sondern
um der res judicata grundsätzlich nichts zu vergeben. Bei der Be-
urteilung Johann Fabers, der irrtümlich „der einstige Beichtvater des
Kaisers Maximilian“ genannt wird (S. 106), ist die wichtige Unter-
suchung von N. Paulus im historischen Jahrbuch der Görresgesellschaft
(1896, 39 ff.) übersehen. Dass Karl im Einverständnis mit Chievres
und Glapio jenen Dominikanerprior nach seiner famosen Leichenrede
bei der Totenfeier des Kardinals Wilhelm von Croy geflissentlich
ausgezeichnet und damit einen Schachzug gegen Rom beabsichtigt
habe (S. 107), ist eine übereilte Behauptung, vor der die Einsicht in
den Bericht des englischen Gesandten Spinelli hätte bewahren können.
Dagegen wären die Beziehungen Fabers zu Erasmus und sein bedeut-
samer Vermittlungsvorschlag in Luthers Sache, wie er ihn in dem
„Consilium cuiusdam ex animo cupientis esse consultum et R. Ponti-
ficis dignitati et Christianae religionis trancjuillitati“ beredt nieder-
gelegt hat, wohl einer eingänglicheren Beachtung wert gewesen, um
so mehr als gerade die Heidelberger Bibliothek eine treffliche gleich-
zeitige Verdeutschung jenes interessanten Gutachtens besitzt: „Rat-
schlag ains der von hertzen begerdt das gnug beschech des Römischen
stuls wirdigkait vnd darzu des Christenlichen standts frid“ (4 Bll. in
4°. Signatur: Q 1688, Nr. 7), weit erfreulicher übrigens zu lesen,
als die moderne Uebersetzung in dem Paulusschen Aufsatz. Die
S. 111 (vgl. S. 121) gezogene Parallele, dass Glapio „Luther, falls
er seine Ketzereien abschwor, ebenso brauchen wollte, um Rom zu
schrecken, wie er sich soeben Fabers zu gleichem Zwecke bediente“,
ist sicher falsch, wie denn überhaupt die Rolle dieses feilen Strebers
überschätzt wird; dass er „dem Nuntius gegenüber die Notwendigkeit
einer Reform der Kurie betonte“ (S. 110) ist vollends ein verspäteter
Nachhall der Maurenbrecherschen Legende, das richtige giebt Kalkoff
(1) S. 88 f. 165. Worauf mag sich wohl die wunderliche Behauptung