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Hyrtl, Joseph
Onomatologia anatomica: Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart ; mit besonderer Berücksichtigung ihrer Barbarismen, Widersinnigkeiten, Tropen, und grammatikalischen Fehler — Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14858#0460
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438

302. Quadrigeminus.

dass diese Conceptio a priori, durch den Sprachgebrauch wider-
legt wird. Bigeminus, als doppelt, wird er zwar nicht linden,
aber quadrigeminus sicher, als vierfach. Wenn also der Mark-
körper über dem Aquaeductus Sylvii, vier Erhabenheiten zeigt,
so kann er, mit Fug und Recht, Corpus quadrigeminum genannt
werden, und dieses wäre richtiger, als der Pluralis usitatissimus:
Corpora quadrigemina, weil man sich darunter eine ganze Ge-
sellschaft von Vierhügeln denken kann. So gut der deutsche
Vierhügel des Sömmerring ist, so schlecht sind seine
Corpora quadrigemina, wenn sie auch von allen Anatomen der
Welt nachgesagt werden. Es darf bei quadrigeminiis, durchaus
kein Plural sein, und deshalb sind auch die Eminentiae quadri-
geminae des Hall er, die Tubercula quadrigemina des Lieutaud,
und die Monticuli quadrigemini des Rolando, verwerflich. Ein
einziger Anatom hat, meines Wissens, den Singular gebraucht,
als Eminentia quadrigemina1). Im Heule'2) wird Eminentia
quadrigemina = bigemina gehalten, was sprachlich unrichtig ist,
obwohl der Singular zusagt.

Das vordere Paar des Vierhügels Nates s. Clunes3),
Hinterbacken, zu nennen, und das hintere Paar, Testes, Hoden,
ist eine Unanständigkeit, welche wir wahrlich im Vesal nicht
gesucht hätten '). Heute werden diese Worte nur oblectamenti
causa, und, vor Allem, der itürze wegen, gebraucht, denn mit
Nates und Testes ist man schneller fertig, als mit „vorderes
und hinteres Vierhügelpaar".

') Mayer's Beschreibung des menschlichen Kölkers, Band VI,

pag. 161.
2) Nervenlehre, pag. 128, Note 1.

•!) Clunes und Nates werden von Dichtern und Prosaikern, für
Hinterbacken gebraucht. Sie sind ganz gleichbedeutend, wie
das griechische yXouiöq und ™jyr,. Bevor das vordere Vier-
hügelpaar den Namen Nates erhielt, war dieser an die Seh-
hügel vergeben, als Uebersetzung der Galenischen Y^ouria.

4) Op. cit., Lib. VII, (Jap. 9.
 
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