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ZeLm Sonntag erscheint
eine Wummer.

EiWMeiMr IchMg. M 41.

MtzU UM Md Men.

Dreis einer Wunrnrer

15 Mennig.

Die Thierbändigerin.
Roman
von
Wosenthak-Wonin.
(Fortsetzung.)
Zweites Kapitel.
Wenige Schritte von dem Hause Möllenhof, nur durch
m schmale Feldmark von diesem getrennt, lag das Besitz-
hm Hinerk Börsum's, des Vaters des Advokaten. Hein-
HBörsum, oder „Hinerk der Alte", wie er auf friesische
sich im Gegensatz zu seinem Sohne, der gleichfalls Hein-
rich hieß, genannt wurde, war ein zur Ruhe gesetzter
Zchiffskapitän. Seine Muße war jedoch keine gänzlich
jMllige.
. W früher, ehe er jenes Alter erreicht hatte, iir welchem

sich die altersmüden Seefahrer von dem schwankenden Ele-
ment in ein stilles Heim auf dem Lande zurückzuziehen
pflegen, verließ plötzlich Hinerk sein Gewerbe, weil ihm
wegen sehr bedenklicher Verfehlungen gegen die Hafenord-
nung, was man gewöhnlich Schmuggel und dergleichen
nennt, das Patent als Schiffsführer entzogen worden war,
und jetzt ward der Kapitän Agent und Unterhändler in
allen möglichen Dingen.
Sein Ruf als Geschäftsmann war nicht der beste, sein
ehemals verschuldetes kleines väterliches Erbtheil wuchs
jedoch ansehnlich. Er erwarb Häuser in der Stadt, er
kaufte Land, Wald und Schiffe und galt als reicher Mann,
dein man deswegen Respekt, wenn auch in: Geheimen keine
große Achtung zollte.
Hinerk Börsum hatte dieselbe hohe Gestalt wie sein
Sohn, nur war er zu breitschulterig, sein großer Kopf zeigte
auffallend regelmäßige feine Züge, sein Mund hatte einen
spöttischen Zug und um seine scharfen grauen Adleraugen
spielte ein gewisses Etwas unangenehm in den kleinen, feinen

Fältchen; obwohl schon fast siebenzig Jahre, hatte er noch
kurz geschorenes, dichtes schwarzes Haar, und seine hohe
weiße, ausdrucksvolle Stirn zeigte wenige Furchen.
Hinerk's Hauptgeschäft war Geldverlcihen, und dieß
hatte ihn mit dem jungen Möllenhof in Verbindung ge-
bracht. Er war im Geheimen beflissen gewesen, den jungen,
reichen Erben an sich zu ziehen, er machte ihn mit Spielern
bekannt und schoß ihm Geld vor. Als Wolfgang Möllen-
hof nach Australien spedirt worden, meldete er sich eines
Tages bef der Wittwe und präsentirte ihr Schuldverschrei-
bungen bis zur Höhe von sechzigtausend Mark, welche der
Sohn bei ihm kontrahirt hatte — er ward jedoch wie alle
übrigen Gläubiger an die Adresse des Schuldners in Ade-
laide gewiesen.
Der alte Hinerk verbeugte sich mit seinen weltmännischen
Formen schweigend und steckte die Wechsel mit seinem un-
angenehmen Lächeln in die Brnsttasche seines pastorähnlichen
langen RockeS. Er sprach kein Wort und entfernte sich
höflich.

Maivlümchcn. Gemälde von Alfred Seifert. («. 486.)
 
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