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WmiMrelMer IchrgW. A-11. MWit, MM M Men.

Wreis einer Wummer

15 Pfennig.

Das Hans mit -en Wei Eingängen.
Roman
von
K. Mosenthak-Wonin.
XIII.
Zu derselben Zeit, als die Schlittenpartie nach Uhlen-
horst stattfand, begab sich Klas Holtrup mit langsamen,
bedächtigen, aber entschiedenen Schritten zum Staatspro-
kurator.
Klas Holtrup war eine in Hamburg bekannte Persön-
lichkeit; er war seit dreißig Jahren mit dem Hafendienst
verwachsen. Er hatte begonnen als Kornträger, ward
Matrose, arbeitete sich zum Steuermann auf, leistete Lootsen-
dienst, trat in die Rhederei Wallroden und setzte sich schließ-
lich zur Ruhe auf dem Feuerschiff. Es
wußte daher jeder alte Hamburger, wer
Klas war, und man hatte ihn gern,
als eine von jenen urwüchsigen, klugen,

amerika, Spanien, Portugal, es sind vierzehn Jahre über
den Verlust der Schriften gewachsen."
„Dann sieht die Sache allerdings wenig rosenfarbig
für den Erben aus, aber sprecht weniger kunstvoll, Klas,
sondern sagt mir kurz und grob, was ich für Euch thun soll."
„Für mich, Herr — nichts!" antwortete Klas. „Ich
schaff' mir mein Recht selbst," lächelte Klas.
„Ja, davon ist mir hie und da schon etwas zu Ohren
gekommen," warf der Prokurator wie warnend ein.
„Nein, meinetwegen komme ich nicht," fuhr Klas fort,
„ich habe, Gott sei Dank', keine verwickelten Erbscbafts-
geschichten. Ich bin hier für einen Andern, für den Enkel
des Senator Wallrodcn, für meinen lieben Herrn, Gott
hab' ihn selig, den Alten; er war noch von unserer Garde,
Herr, nur ein bischen hartköpfiger, als er hätte sein sollen,
sonst wäre Alles jetzt glatt und gut."
„Was, für den Enkel Wallroden's?" unterbrach der
Prokurator interessirt.

„Ja, er ist es ohne Zweifel, so sicher, als Hamburg
nicht auf dem Vesuv steht, das heißt, für mich, Herr.
Einzelnes, was er von Legitimationen besitzt, ist auch ganz
richtig, und ich komme, nun Einspruch zu erheben dagegen,
daß die Erbschaft an Helmer Wallrodcn geht, wenigstens,
daß man sie ihm nicht auszahlt, bis ich die nöthigcn Pa-
piere herangeschafft habe."
Der Prokurator machte ein ernstes Gesicht. Er schlug
in einem großen Buche nach: „Am dritten April ist Schluß-
termin, das sind noch zwei Monate. — Nun sagt mir zu-
erst, Klas, seid Ihr von jenem Erben, dem Enkel bevoll-
mächtigt, seine Ansprüche geltend zu machen?"
„Nein, Herr Prokurator, der Erbe will nicht eher von
der Geschichte etwas wissen, bis er alle Beweise in Händen
hat."
„Ein sehr vernünftiger Erbe," meinte der Prokurator.
„Ein braver, bescheidener Jüngling," äußerte Klas.
„Ist der Erbe hier am Orte?" erkundigte sich der
Prokurator.
„Ja, es ist der Kunstreiter Roda."
„Der?" rief der Beanite erstaunt
aus. „Wahrhaftig, er erinnerte mich

ehrlichen, heiteren Schifferfiguren, die
von der Alles abschleifenden, gleich-
machenden Neuzeit fortgefegt wurden
und im Verschwinden waren.
Als daher Klas sich bei dem Ge-
richtspräsidenten meldete, machte dieser
ein vergnügtes Gesicht, und wie Klas
mit seinem schönsten Kratzfuß bei ihm
eintrat, bewillkommnete ihn der weiß-
haarige Beamte mit den seltsam schwar-
zen, verschleierten Augen freundlich.
„Nun, Klas, alter Freund, wie geht's
denn? Die Luft da draußen von der
Elbe scheint Euch zu bekommen, Ihr
seht ja wie's Leben selbst aus." So
begrüßte er ihn.
„Danke, Herr, der gütigen Nach-
frage," sprach Klas höflich, denn er
hatte großen Respekt vor dem Amt und
der Person des Prokurators. „Die
Luft und die See bleibt immer gleich
— es ist was Schönes drum — aber
die Menschen, Herr Prokurator, werden
schlechter."
„Das klagt man, so lange die Welt
besteht, Klas, und was man fünf Jahr-
tausende beklagt und ertragen, das
müfsen wir auch ohne Murren auf uns
nehmen," erwiederte der Beamte. „Wer
war denn aber gegen Euch schlecht,
Klas? Den möchte ich kennen," fuhr
der Prokurator fort, „denn irgend so
etwas führt Euch doch wohl an's Land."
„Ja, es ist eine verflixte Geschichte,"
sprach Klas und kraute sich hinter den
Ohren. „Es handelt sich da um eine
große Erbschaft; ein Anderer glaubt, er
hätte sie so gut wie in der Tasche, und
jetzt fisch' ich den rechten Erben aus dem
Wasser."
„Das klingt ja wie eine Kalender-
geschichte, Klas."
„'s ist noch ärger, Herr, noch viel
kitzlicher. Dieser Erbe trägt einen an-
dern Namen, als er eigentlich soll, und
besitzt bis heut verdammt wenig Papiere;
diese sind, Gott weiß wo, in Süd-

Fürst Alexander I. von Bulgarien. (S. 122.)


an Jemand," fuhr er jetzt nachdenklich
fort, „sein Gesicht kam mir sonderbar
bekannt vor, ich fand nur nicht, wem
es gleicht, jetzt weiß ich's; die Aehnlich-
keit ist allerdings auffällig," sprach der
Prokurator sinnend.
„Das fiel mir auch zuerst in die
Augen. Er ist nämlich jener junge
Mensch, der vom Basilio allein übrig
blieb und den ich rettete," erklärte Klas.
„Ich war sofort überzeugt, wen ich vor
mir hatte, und deßhalb, Herr, stieß ich
den Agenten an, tauchen zu lassen, und
hiebei holte ich den Koffer des Jüng-
lings herauf; in dem fand ich diese Uhr
und dieß Papier," schloß Klas und legte
beide Gegenstände auf den grünen Tisch
vor den Beamten.
„Sehr merkwürdig," ließ der Pro-
kurator vernehmen. „Die Sache fängt
auch an, für mich Salz zu bekommen,"
sprach er weiter. „Jetzt, was ist mit
der Uhr, Klas?"
„Sehen Sie diese genau an, Herr
Prokurator," setzte Klas seine Erklärun-
gen fort. „Da steht O II. darauf,
das heißt Friedrich Wallroden, Ham-
burg. Es ist die Uhr des Vaters von
dem Senator, Friedrich Wallrodcn,
dessen Sohn Johann mit der Kunst-
reiterin, die er hier geheirathet, davon-
ging, und nun befindet sich bei der
Erbmasse eine ganz ähnliche Uhr, die
der Senator immer trug. Die Uhr des
Großvaters erhielt bei der Konfirmation
Johann — ich war dabei zugegen —
und er hat sie getragen, so lange ich
ihn kannte," berichtete Klas, „und jetzt
ist sie Eigenthum des SohneS von
Johann Roda, des Kunstreiters, der
sie von seinem Vater geerbt hat."
„Hm," meinte der Prokurator, „das
wäre ein Beweis für Geschworene; bei
dem Richterkollegium für Erbschafts-
sachen zieht das nur, wenn noch man-
ches Andere dabei ist."
„Und hier, Herr Prokurator, liegt

Jllustr. Welt. XXXIV. 6.

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