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WmMmMlr ItzMg. W 21.

MM, MM M ML

Wreis einer Wunrrner
15 Pfennig.

Das Haus mit den Mi
Eingängen.
Roman
vor:
K Wosenthak-Wonin.

XXII.

Wir müssen uns von der
rauhen, nebelbedeckten Nordsee
jetzt nach den blauen, smaragd-
glänzenden Fluten der Meeres-
bucht an der Tajomündung zn-
wendcn, wo wir Klas Holtrnp
verließen, nachdem er den Nach-
laß des verstorbenen Johann
Roda bei der Bruderschaft er-
hoben.
Klas ging in seine Herberge
und vertiefte sich in das Durch-
lesen und die Ordnung der
Schriften; sein Gesicht erhellte
sich, seine braunen Wangen
wurden rot vor Vergnügen,
seine blauen, kleinen Augen
leuchteten ganz jugendlich; er
schnürte das Paket wieder zu,
schob es in die ungeheure Tiefe
seiner Ueberziehertasche, packte
seinen Koffer und trat unten
in das halbdunkte Stübchen
der Wirtin.

„Mein Geschäft ist fertig,
Sennora Rositta," sprach er.
„Haben Sie einen Eisenbahn-
sahrtenplan?"
Sennora Rositta schüttelte
den Kopf.
„Wissen Sie, wann die
Züge nach dem Norden ab-
gehen ?"
Sennora Rositta zündete
ihre erloschene Cigarrette wie-
der an und schüttelte von neuem
das Haupt.
„Was bin ich schuldig?"
erkundigte sich Klas.
Die Portugiesin wies auf
einen Holztisch, wo mit Kreide
die Zimmernummern ausge-
schrieben waren, ohne von dem
hohen, gerüstartigen Sessel,
auf dem sie in ihrer gewaltigen
Körperfülle thronte, sich herab
Zu bemühen.
Klas ging an den Tisch;
unter der Nummer elf, welche
Stube er bewohnt hatte, be-
fanden sich fünf .Kreidestriche.
„Fünf Franken für eine
.lacht?" fragte Klas mit ziem-
lich mergischem Protcstton.
Fran Rositta nickte freund-
lich nnd rauchte weiter.
„Ah bah! drei sind für die
Menagerie, der ich hier die
Nacht zum Futter vorgeworfcn

Jllustr. W-lt. xxxiv. n.


worden bin, haufengenug," warf
der Hamburger Seemann ein
und zog seinen Lederbeutel.
Frau Rositta nahm die
Cigarrette aus dem Mund und
gab ihrem Gesicht einen ebenso
beleidigten wie abweisenden
Ausdruck.
„So, da sind drei Lire,
schönes, blankes Geld," sprach
Klas und warf die Münzen
Frau Rositta in den Schoß.
„Leben Sie wohl, Madame!"
verabschiedete sich Klas, seinen
Koffer auf die Schulter neh-
mend.
„Die heilige Jungfrau be-
schütze Sie, Fremder!" rief
Sennora Rositta freundlich,
das Geld in ihre Tasche schie-
bend, zündete ihre Cigarrette
wieder an und rauchte weiter.
Klas ging zum Bahnhof.
In der Frende über den be-
friedigenden Erfolg bei der
Bruderschaft und von dem
Wunsche beseelt, so bald wie
möglich wieder in Hamburg zu
sein, überwand er seinen Wider-
willen gegen das Eisenbahn-
fähren; er hatte Glück, der
Schnellzug nach Madrid ging
in einer Stunde ab, Klas
restaurirte sich und dampfte
dann in behaglichster Stim-
mung dem Norden zu.
Klas reiste, ohne Aufent-
halt zu machen. Er hatte daS
Talent, zu jeder Zeit und so
lange er wollte schlafen zu
können, und so schlief er sich
durch Spanien, durch Frank-
reich, durch den größten Teil
der deutschen Route und machte
seine Augen erst für die Dauer
auf, als er den heimischen Dia-
lekt reden hörte.
Er kam nur zwölf Stunden
später an als Frau Verrugnas,
die in Köln auf einen falschen
Zug geriet und einen ganzen
Tag verlor, und begab sich so-
fort zu seinem Gönner, dem
Staatsprokurator Liewert.
„Ihr, Klas, schon zurück?"
empfing ihn dieser erstaunt.
„Ja, Herr; mein Geschäft
machte sich schnell und zurück
fuhr ich nut der Eisenbalm,
eine schöne Erfindung, wenn
der Mensch Eile hat und als
Frachtcollo reisen muß. Ich
bringe das Schönste mit," setzte
Klas vergnügt hinzu.
„Das freut mich," erwiderte
der Prokurator; „übrigens
dürste Ihre Mission einen an-
dern Ausgang nehmen, als Sie
vermuten. Doch schießen Sie

-tl
 
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