Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Jeden Sonntag erscheint

eine Wummer.

MeruMreMer ItzrgW.

M 22.

SwWit, KW Md Mm.

°Mreis einer Wummer

15 Mennig.

Ms Haus mit den zwei Eingängen.
Roman
von
K. MosenLhak-Wonin.
(Fortsetzung.)
Am nächsten Tage war Frau Ver-
rugnas-Wallroden schon sehr früh auf-
gestanden und geschäftig.
Rosa hatte ihr versprochen, sie zum
Krankenhause zu geleiten. Das Mädchen
schloß sich überhaupt merkwürdig der
Mutter Pauls an, sie ließ sie sozusagen
nicht aus den Augen und beobachtete sie
mit einer Ausdauer und Blicken, die mehr
an das Geschäft eines überwachenden Ge-
heimpolizisten als an die einer besorgten
Freundin mahnten. Man sah es Rosas
Augen und ihren gespannten Mienen an,
daß sie etwas plante und ihre Fürsorge
und Freundlichkeit mit einer geheimen
Absicht verknüpft war.
Zur festgesetzten Zeit fand sich die
Spanierin in dem Eßzimmer ein, wo
Rosa ihrer schon wartete, und beide
Damen machten sich auf den Weg zum
Stadtkrankenhause.
In diesem hatte Paul ein besonderes
Zimmer erhalten, einen freundlichen, gro-
ßen Raum mit einem gewaltigen Fenster,
zu dem jetzt ein winterlich hellblauer,
jedoch vielfach mit dichten weißen Dunst-
streifen verhüllter Himmel und die Kronen
entlaubter schwarzer Bäume hineinschau-
tcn. Eine Krankenpflegerin saß am
Fußende des Bettes und las in einem
Buche.
Paul hatte die Augen jetzt geöffnet,
sie sahen klar, verständig und aufmerksam
sich um. „Wie lange bin ich jetzt hier?"
begann er zu fragen.
Die Krankenwärterin erschrak bei der
Plötzlichen Anrede. Sie blickte in die
Augen des Patienten und lächelte. „Seit
vorgestern," antwortete sie. „Ihr Kopf
scheint wieder ganz gesund zu sein. Sie
fühlen keinen Schmerz mehr dort?" er-
kundigte sie sich.
„Es ist mir etwas dumpf und öde
bann, jedoch Schmerzen fühle ich keine,
nur in der Seite und am Arm," war
bes Kranken Erwiderung.
, Die Wärterin stand auf und zog eine
Klingel; wenige Augenblicke später trat
der Arzt ein. Er warf einen Blick auf
den Patienten und sprach heiter: „Nun,
mit der Erschütterung des Gehirns scheint
fs auf gutem Wege zu sein, Sie schauen
ja ganz klar in die Welt. Wenn die
paar Rippen wieder angewachsen und der
Arm geheilt ist, können Sie so flott auf
>Men Pferden tanzen wie früher."
„Nun, das wird noch einige Zeit
dauern," meinte Paul.
„In zwei, drei Monaten etwa — wir
wollen sagen fünf, damit alles wieder
Jllustr. W-lt. XXXIV. II.


Ueber ein Stündlein. Originalzeichnung von K> Kogler.

Dulde, gedulde dich fein!
Ueber cm Stündlein
Ist deine Kammer voll Sonne.
Ueber den First, wo die Glocken hangen,
Ist schon lange der Schein gegangen,
Ging in Turmers Fenster ein.
Wer am nächsten dem Sturm der Glocken,
Einsam wohnt er, oft erschrocken,
Doch am frühsten tröstet ihn Sonnenschein.
Wer in tiefen Gassen gebaut,
bfütt' an bfiittlein lehnt sich traut,

Glocken haben ihn nie erschüttert,
Wetterstrahl ihn nie umzittert,
Aber spät sein Morgen graut.
kföh' und Tiefe hat Lust und Leid.'
Sag' ihm ab, dem thörigen Neid:
Andrer Gram birgt andre Wonne.
Dulde, gedulde dich fein!
Ueber ein Stündlein
Ist deine Kammer voll Sonne.
W Paul Hryse.

recht hübsch fest ist. Sie sind noch gut
weggekommen," schloß der Arzt.
Paul seufzte. „Hat niemand nach
mir gefragt?" erkundigte er sich.
„O ja," antwortete jetzt die Wärterin.
„Eine Dame mit rötlichem Haar ver-
schiedenemal; es kostete viel Mühe, ihr
begreiflich zu machen, daß zu einem
Besinnungslosen niemand hineingelassen
wird. Dann war noch ein Schiffer da,
der Direktor Zerrini und hier eine Karte
für Sie." Und die Wärterin überreichte
ein Blättchen mit Ernestinens Namen,
worunter stand: „Eine tiefteilnehmende
Freundin".
Paul schaute lange auf die Karte,
dann legte er sie vor sich hin.
„Der Direktor Zerrini war auch
mehrmals da und verschiedene Zirkus-
mitglieder," berichtete die Wärterin, „auch
der Staatsanwalt, der gewünscht hat,
sofort benachrichtigt zu werden, wenn Sie
zu Bewußtsein gekommen sind."
„Sie fühlen sich doch so kräftig und
klar, einige Fragen beantworten zu kön-
nen?" stellte jetzt der Arzt an Paul die
Frage.
„Vollkommen," erwiderte Paul. „Die
Dumpfheit in meinem Kopf beginnt im-
mer mehr zu weichen."
„Ja, Sie haben ein vortrefflich fest-
sitzendes und für dergleichen Unfälle,
scheint es, ein sehr gutgeschultes Gehirn,"
sprach der Arzt lächelnd. „Unsereinem
wäre es bei dem Sturze total kaput ge-
schlagen. So, lieber Freund," verab-
schiedete sich jetzt dieser, „liegen Sie nur
recht still und sprechen Sie nicht zu viel.
Die Rippen sind nahe bei der Lunge,
man kann da nie wissen, was hier ge-
schieht, nnd wenn Sie irgend einen
Wunsch haben, so sagen Sie ihn un-
genirt, Sie sind hier Gast der Stadt
Hamburg."
Nach kurzer Zeit erschien der Staats-
anwalt. Er unterrichtete den Kranken,
daß ein Attentat auf ihn ausgeübt wor-
den sei, welcher Art und durch wen, und
forschte jetzt darnach, ob Paul deu Ce-
sarini von früher her kenne und ob irgend
eine Feindschaft zwischen ihnen gewaltet
habe.
„Ich habe den Mann bei seinem Auf-
treten im Zirkus hier zum erstenmal in
meinem Leben gesehen, nur wenige gleich-
giltige Worte mit ihm gesprochen und
kann mir absolut nicht erklären, wodurch
ich ihm Grund zu irgend einer feindlichen
Gesinnung sollte gegeben haben," das
erklärte Paul.
Die Aussage wurde protokollirt und
der Beamte verließ mit dem freundlichen
Wunsche baldiger Genesung den Kranken.
Während dessen waren die Spanierin
und Rosa beim Krankenhause angelangt,
und Rosa ließ sich beim Arzte melden,
sie gab den Wunsch ihrer Begleiterin
kund, Paul Roda sehen und sprechen zu
dürfen und setzte ihn davon in Kenntnis,
43
 
Annotationen