Hübner, Die Bildwerke des Grabmals der Julier zu Saint-Remy.
36
DIE STATUEN.
(Taf. 14.)
Die Köpfe der beiden Statuen sind neu. Dennoch scheint es sicher zu
sein, dafs die i. vom Beschauer stehende Gestalt eine weibliche ist. Es sind un-
zweifelhaft die in der Inschrift genannten Altern der Stifter beide, in der üblichen
römischen Tracht und Haltung, gemeint. Die Tracht der 1. stehenden Gestalt ist
allerdings nicht ganz deutlich als weiblich erkennbar. Es scheint über den frei
stehenden Füfsen unter dem Mantel das nach griechischem und römischem Brauch
bis auf die Knöchel reichende Kleid zu fehlen. Vielleicht ist mit seinem Fehlen ein
Rest keltischer Tracht angedeutet. Sollte die Gestalt für männlich gehalten werden
müssen, so entsteht ein Widerspruch mit den in der Inschrift deutlich als Gegenstand
der Widmung des Grabmals bezeichneten Altern Denn es empfiehlt sich
kaum den in der Sprache ja möglichen Begriff zweier männlicher Ascendenten dem
gewöhnlichen von Vater und Mutter vorzuziehen. Sind beide Statuen männlich, so
möchte ich eher an eine Veränderung des Programms denken, welche in der In-
schrift unberücksichtigt geblieben wäre
Dafs der r. stehende Verstorbene hier nicht als Krieger oder Jäger, sondern
in dem bürgerlichen Festgewand erscheint, entspricht einem vielfach auch auf
Kriegergrabsteinen von mir beobachteten Gebrauch. Krieger und Provinziale lassen
sich mit Vorliebe als abbilden. Die neu mit dem römischen Bürgerrecht
beschenkten heifsen im offiziellen römischen Stil Togaträger; die Würde und der
Vorzug des römischen Bürgers kommt darin zu sichtlichem Ausdruck.
In der etwas wunderlichen Art der Aufstellung, durch welche die beiden
Statuen von den enggestellten Säulen fast verdeckt werden, sehe ich keine Absicht,
sondern eine gewisse sorglose Freiheit, die sich der Architekt, vielleicht nicht ganz
im Einverständnis mit dem Bildhauer, genommen hat.
So stimmen auch die in der Krönung des Denkmals stehenden Bildnisse
zu dem einheitlichen Grundgedanken desselben. Es feiert auf zu zweistöckigem
Tempelbau entwickeltem Grabesaltar die'Thaten und den Ruhm des Verstorbenen
und der Seinen.
B. 15. Januar 1888.
E. Hübner.
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DIE STATUEN.
(Taf. 14.)
Die Köpfe der beiden Statuen sind neu. Dennoch scheint es sicher zu
sein, dafs die i. vom Beschauer stehende Gestalt eine weibliche ist. Es sind un-
zweifelhaft die in der Inschrift genannten Altern der Stifter beide, in der üblichen
römischen Tracht und Haltung, gemeint. Die Tracht der 1. stehenden Gestalt ist
allerdings nicht ganz deutlich als weiblich erkennbar. Es scheint über den frei
stehenden Füfsen unter dem Mantel das nach griechischem und römischem Brauch
bis auf die Knöchel reichende Kleid zu fehlen. Vielleicht ist mit seinem Fehlen ein
Rest keltischer Tracht angedeutet. Sollte die Gestalt für männlich gehalten werden
müssen, so entsteht ein Widerspruch mit den in der Inschrift deutlich als Gegenstand
der Widmung des Grabmals bezeichneten Altern Denn es empfiehlt sich
kaum den in der Sprache ja möglichen Begriff zweier männlicher Ascendenten dem
gewöhnlichen von Vater und Mutter vorzuziehen. Sind beide Statuen männlich, so
möchte ich eher an eine Veränderung des Programms denken, welche in der In-
schrift unberücksichtigt geblieben wäre
Dafs der r. stehende Verstorbene hier nicht als Krieger oder Jäger, sondern
in dem bürgerlichen Festgewand erscheint, entspricht einem vielfach auch auf
Kriegergrabsteinen von mir beobachteten Gebrauch. Krieger und Provinziale lassen
sich mit Vorliebe als abbilden. Die neu mit dem römischen Bürgerrecht
beschenkten heifsen im offiziellen römischen Stil Togaträger; die Würde und der
Vorzug des römischen Bürgers kommt darin zu sichtlichem Ausdruck.
In der etwas wunderlichen Art der Aufstellung, durch welche die beiden
Statuen von den enggestellten Säulen fast verdeckt werden, sehe ich keine Absicht,
sondern eine gewisse sorglose Freiheit, die sich der Architekt, vielleicht nicht ganz
im Einverständnis mit dem Bildhauer, genommen hat.
So stimmen auch die in der Krönung des Denkmals stehenden Bildnisse
zu dem einheitlichen Grundgedanken desselben. Es feiert auf zu zweistöckigem
Tempelbau entwickeltem Grabesaltar die'Thaten und den Ruhm des Verstorbenen
und der Seinen.
B. 15. Januar 1888.
E. Hübner.