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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 3.1888

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Robert, Carl: Beiträge zur Erklärung des Pergamenischen Telephos-Frieses, 3-5
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https://doi.org/10.11588/diglit.36646#0075

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Hiera. Als die Griechen in Mysien landen, versammelt Tclephos ein mächtiges
Heer, zu dem auch die Skythen und Thraker Hilfstruppen senden. In der am
KaikosHufs geschlagenen Hauptschlacht werden die beiden Söhne des skythischen
Flufsgottes Istros, Heloros und Aktaios, von dem Salaminier Aias getödtet(H); Hiera,
die an der Spitze mysischer Frauen zu Rofs am Kampfe theilnimmt, unterliegt
dem Nireus (G). Telephos jagt die Griechen zu ihren Schiffen zurück; aber
Achilleus stellt sich ihm entgegen, deckt die Flucht der Seinen und treibt den
Tclephos zurück. Im Zurückweichen verwickelt sich Telephos in die Zweige eines
Rebstocks, den der erzürnte Dionysos auf dem Schlachtfeld entspriefsen läfst,
wird von Achilleus eingeholt und an dem linken Oberschenkel verwundet (E). Da
die Wunde nicht heilt, wendet sich Tclephos an das Orakel des lykischen Apollon
und empfängt die Weisung: & ipcuca; Hcs-cn. Um Heilung nach diesem Spruch zu
finden, fährt er nach Griechenland und kommt unerkannt in das Lager der Achäer.
Hier bemächtigt er sich des kleinen Orestes und setzt sich mit ihm auf den Altar,
von Agamemnon und den Griechen auf diese Weise das Versprechen der Heilung
erzwingend (D). Den Orakelspruch deutet Odysseus auf die Lanze (F) und Tele-
phos wird geheilt, indem Achilleus den Rost von seiner Lanzenspitze in die Wunde
schabt (F*).
Eine grofse und wichtige Episode dieser Erzählung haben wir bis jetzt noch
durch kein Bildwerk vertreten gefunden, die frühe Jugendzeit des Telephos am
Hofe des Korythos bis zu seiner Auswanderung nach Mysien. Aber auch
die Erzählung selbst hat zwei sehr wesentliche Lücken; die erste nach der Kata-
strophe im Brautgemach, denn dafs auf diese fast unmittelbar die Ankunft der
Griechen gefolgt sein sollte, ist schlechterdings undenkbar. Man hat das Recht zu
erwarten, dafs des Telephos Königsherrschaft in einer Reihe von Bildern verherrlicht
war; aber welche Ereignisse hier dargestellt gewesen sein könnten, darüber geben
uns weder die literarische Ueberlieferung noch die Friesfragmente, soweit wir sie
bisher betrachtet haben, irgend welche Aufklärung. Die zweite Lücke ist am
Schlufs; denn mit der Heilung kann die Schilderung von dem Leben des Telephos
unmöglich abgeschlossen haben; noch weniger mit seiner Rolle als Führer der
Griechen, von welcher es überdiels mehr als zweifelhaft ist, ob sie in die offi-
zielle Sage von Pergamon aufgenommen war. Aber für die späteren Schicksale
des Telephos und für seinen Tod läfst uns die literarische Überlieferung völlig im
Stich. Doch sind uns zum Glück von der Friesdarstellung selbst noch zahlreiche
Darstellungen erhalten, und unsere nächste Aufgabe wird es sein, sorgfältig zu
prüfen, wie weit diese zur Ausfüllung der festgestellten Lücken verwandt wer-
den können.
(Schlufs folgt.)
Berlin. C. Robert.


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