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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Kekulé von Stradonitz, Reinhard: Anakreon
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0130
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Kekule, Anakreon.

einen Kopf im Park vom Glienecke5, endlich einen bisher nur in der Zeichnung
von Heemskerck nachzuweisenden Kopf, der ebenfalls unzweifelhaft Anakreon
darstellt6.
Der Berliner Kopf ist im Kunsthandel erworben worden und ich kann seine
Herkunft nicht weit zurückverfolgen. Er ist aus parteiischem Marmor und etwas
über Lebensgröfse: er mifst vom Scheitel bis zum Ende des Bartes 0,28 m. Er ist
im ganzen von einer seltenen Frische und Schönheit der Erhaltung, auch der Oberfläche.
An den Augen erkennt man noch deutlich, dafs die Sterne mit Farbe angegeben
waren. Ergänzt ist, in Gips, die Nase und ein kleines Stück am Hinterkopf. Durch
Überarbeitung oder Waschen mit Säuren ist nichts verdorben. Der Kopf war für
sich allein gearbeitet, um eingelassen zu werden. Dafür war der Hals zubereitet,
wie man an seiner rechten Seite erkennt. An der andern Seite ist er beschädigt;
unten, wo er ursprünglich spitz zulief, ist er abgeplattet worden — ohne Zweifel
vor nicht langer Zeit, um ihn bequemer auf ein modernes Postament aufsetzen
zu können.
Der Kopf in Glienecke ist ebenfalls aus pentelischem Marmor und von
ungefähr gleicher Gröfse. Er mifst vom Scheitel bis zum Ende des Bartes etwa
0,30 m. Erbefindet sich seit langen Jahren in Glienecke und die Herkunft ist nicht
genauer bekannt. Aber er stammt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem italieni-
schen Kunsthandel. Er ist leider gar nicht gut erhalten. Der Hals fehlt und zwar
geht der Bruch dicht unter dem Bart schräg rückwärts. Unterlippe und Nase,
welche modern ungeschickt ergänzt ist, fehlen, Ohren und Haare sind bestofsen,
die ganze Oberfläche hat so sehr gelitten, dafs man manche Formen nur mit
Mühe erkennt.
Während der Kopf in Glienecke dem Berliner in der Erscheinung nahe
gestanden hat, scheint der Kopf bei Heemskerck, so weit man aus dessen Zeich-
nung erraten kann, dem der Statue ähnlich gewesen zu sein. Wenigstens hat er
wie dieser hohle Augen. Dagegen unterscheidet er sich von den übrigen bisher
bekannten Anakreonköpfen durch den Epheukranz.
Es ist ohne weiteres einleuchtend, dafs alle diese Bildnisköpfe des Anakreon
auf ein einziges vorbildliches Kunstwerk zurückweisen, wie sie denn auch, soweit
sie wirklich bekannt und mefsbar sind, ungefähr das gleiche Mafs zeigen. Die
Entfernung vom Scheitel bis zum Ende des Bartes beträgt bei dem jetzt im neuen
capitolinischen Museum befindlichen Kopf aus Trastevere 0,29 m, an der Statue
0,30. Das Mafs des von Heemskerck gezeichneten Kopfes ist unbekannt, da Heems-
kerck es anzugeben versäumt hat.

5) Ich bin auf diesen Kopf durch Koepp und
Winter hingewiesen worden.
6) Ich bin auf diese Zeichnung durch Winter auf-
merksam gemacht worden. Im Skizzenbuch I
auf Blatt 41 (54). Michaelis, Jahrbuch des
archäologischen Instituts VI (1891) S. 145:
ist mir nicht

»Bärtiger Kopf (eines griechischen Dichters?)
mit schmaler Binde quer über die Stirn und
leichtem Epheukranz; Augen hohl. Sehr ähn-
lich der Kopf bei Lafreri (Ach. Statius) Inlustr.
viror. vultus, 1586, Taf. 23 apud Ioa?tnem An-
tonium ei Vincentium Romanos. Dieses Buch
zugänglich.
 
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