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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Kalkmann, August: Archaische Bronze-Figur des Louvre
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0137
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ARCHAISCHE BRONZE-FIGUR DES LOUVRE
(Tafel 4)
I.
Auf Tafel 4 wird zum ersten Mal eine archaische Bronzefigur des Louvre
bekannt gemacht. Die Figur ist trotz ihrer sorgfältigen Arbeit und der nicht
unbeträchtlichen Höhe —.0,455 m ohne Basis — bisher wenig beachtet worden1.
Die Provenienz ist nicht bekannt. Die Figur ist gut erhalten; es fehlt ein kleines
Stück am rechten Ellenbogen und der linke Arm. Die Patina ist dunkelgrün2.
Wir sehen einen nackten Jüngling in gerader aufrechter Haltung, der das
linke Bein in Schrittstellung vorsetzt; der rechte Arm ist in Schulterhöhe seit-
wärts abgestreckt und der Unterarm erhoben. Zeigefinger und Mittelfinger der
rechten Hand sind gerade nach oben ausgestreckt, während die übrigen Finger
nach der inneren Handfläche zu gekrümmt sind. Der Jüngling schwang also in
erhobener Rechten einen Speer mittels eines Bandes, der cqxuXr,, das um Zeige-
und Mittelfinger gewickelt wurde3. Sein linker Arm war gesenkt, wie aus dem
Mangel der Patina an der linken Körperseite ersichtlich ist4. Das Fehlen eines
Helmes und jeglicher kriegerischer Rüstung verbietet einen Schild am linken Arm
vorauszusetzen, und man kann also nicht die wie in Angriffsstellung lebhaft aus-
schreitenden Götter archaischer Münzen zur Deutung verwerthen5: vielmehr giebt
sich dieser Speerwerfer als Palaestrit oder Agonist zu erkennen.
Die Behandlung der Körperformen weist der Pariser Bronze einen Ehren-
platz an unter allen archaischen Figuren: wir sehen in ihr eine ältere künstlerische
Richtung ersterben, die sich mit schematischer und wenig präciser Wiedergabe der
Körperoberfläche begnügt, und eine neue Kunst zum Durchbruch gekommen, die
ausgeht auf präcise detaillirte Darstellung des Muskel- und Knochenbaues ohne
Rücksichtnahme auf Haut und Fett. Dies ist die Kunst auf der Stufe, welche die
aeginetischen Giebelfiguren darstellen; wir scheiden von ihr leicht jene ältere Rich-
tung, mögen auch innerhalb dieser je nach Zeit und Landschaft verschiedene Strö-
mungen zu erkennen sein.
Die Pariser Figur rangirt nicht mehr mit dem Apoll von Tenea oder ande-
ren älterem Werken: scharf gezogene Inguinalfalten trennen deutlich Bauch und

J) Longperier, Notice des Bronzes antiques No. 60
2) Longperier bemerkt: les prunelles des yeux sont
d‘ argent.
3) Man bediente sich der äyxuXrj nur bei leichtem
Geschofs und zwar um die Tragfähigkeit des
Geschosses zu erhöhen, sowohl bei der Jagd
Köhler, Athen.

(Jahn, Ficoronische Cista S. 30,2) als im Kriege
(Loeschcke, Bonner Studien S. 256). Auch im
Pergamenischen Fries ist sie einmal dargestellt
bei einem Giganten.
4) Vgl. Longperier a. a. O.
5) Jahn, Nuove Memorie dell' Inst. II S. 16ff.; vgl.
Mittheil. I S. 97,
 
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