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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Mayer, Maximilian: Mykenische Beiträge, 2, Zur mykenischen Tracht und Cultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0199
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MYKENISCHE BEITRÄGE
II. ZUR MYKENISCHEN TRACHT UND CULTUR
i. Der barocken weiblichen Tracht, welche wir auf den Mykenischen Monu-
menten beobachten, — d. h. reifrockartig abstehenden Unterröcken mit schweren
Volants und dünner, enganschliefsender Taille — scheint der Naturzustand, in wel-
chem die Männer auftreten, wo sie nicht kriegerisches Costtim tragen, ziemlich un-
vermittelt gegenüber zu stehen. Die Verbindung wird hergestellt durch den kleinen
vorzüglich gearbeiteten Goldring von Vaphio ’Etp^jx. 1889 Taf. X 39, wo ein Jüngling
in dem charakteristischen starken, abstehenden Gürtel, Schurz und aufgebogenen
Riemen-Schuhwerk sich mit einer Schönen jenes Stils im Freien vergnügt. Er ist
bemüht, ihr von einem in einem Kübel stehenden Baum eine Frucht oder Bltithe
zu pflücken; dabei fallen ein oder zwei Granatäpfeln1 ähnliche Früchte ab, deren
Auffangen das Mädchen in jene balancirende Bewegung versetzt, die man zuerst
für die des Tanzens ansah. Der junge Mann hat seine Waffen rechts abgelegt, den
grofsen in der Mitte ausgebuchteten Doppelschild und wie es scheint einen Helm
mit hohem Busch. Hierdurch wird die Gemme abermals wichtig; denn sie bahnt
uns den Weg zu den typischen Krieger-Erscheinungen dieser Monumentenwelt,
welche entweder für sich allein auftreten2 oder wo sie in Verbindung mit den
orientalisch gekleideten Frauen Vorkommen, bis jetzt durchweg für Götterbilder ge-
halten wurden. Den letzten Punkt wollen wir näher ins Auge fassen.
Zunächst die bemalte Kalkplatte mit den zwei »adorirenden« Frauen (’Ecp'/y
uspic 1887 Tafel 10, 2). Die in der Mitte stehende Kriegerfigur scheint jetzt statt
der Füfse etwas wie einen Pfahl unter sich zu haben und wird danach für ein
Akrolith gehalten. In Wirklichkeit ist von dem geringen Theil der Unterbeine,
welchen der riesige Mykenische Schild frei läfst, die Farbe abgegangen und waren
die Füfse nahe zusammen gestellt, ja fast geschlossen, wie auf dem grofsen Gold-
ring, wo man gleichfalls ihr Vorhandensein früher übersah3. Auch hat die Figur
unzweifelhaft mit der Rechten die Lanze geschultert, und was jetzt an mehreren
Stellen wie Reste eines grofsen vorspringenden und sehr unwahrscheinlichen Bartes
aussieht, rührt von dem 1. Arm, namentlich dem Ellenbogen her, welcher erhoben
war, sei es zu einer Geberde, sei es etwa zu einem Trünke, den ihm die vordere
PTau darreichte. Das klingt sehr griechisch und doch müssen wir uns von dem
9 Der eine der beiden Gegenstände ist bestofsen. 3) Richtig erst bei O. Rofsbach, Archäol. Zeitung
-) z. B. Schliemann, Mykenä No. 254. 313 (besser 1883 S. 169.
bei Helbig, Hom. Epos2 Fig. 119). 335.
 
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