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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Six, Jan: Hermolykos und Kresilas
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0198
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Six, Hermolykos und Kresilas.

einen so nahe an Myron stehenden Meister zu spät war, fort und weist uns alles
auf die Zeit des Perikies, dessen Bildnis, auch von seiner Hand, die Akropolis
zierte. Wie die Verherrlichung der Helden von Marathon in der Poikile in Kimons
Zeit gehört, so pafst die Errichtung der Statuen des Helden wie des siegreichen Feld-
herrn von Mykale18 in die Zeit wo Xanthippos Sohn der erste Mann war in Athen.
Mit dem Stil, wie wir ihn aus der Lekythosdarstellung erschliefsen, läfst sich
die Perikies-Herme vortrefflich vereinigen, wenn auch ein eingehender Vergleich
selbstverständlich ausgeschlossen ist10.
Wir gewinnen aber auch einen engeren Anschlufs an Myron.
Freilich fällt Brunns Vergleich mit dem Ladas des Myron20, aber dieser
beruht im Grunde nur auf einem Wortspiel, denn nicht wie er den letzten Athem aus-
haucht, war Ladas dargestellt, sondern wie die höchste Anstrengung ihm den Athem
aus den Weichen auf die Lippe bringt, es
ist weder von anima noch von 7tvsu[t,ot, son-
dern von aa&|xtt21 hier die Rede.
Aber eben in dem zur Anschauung-
bringen der höchsten Anstrengung, in »dem
scharfen Erfassen der Wechselwirkung aller
Theile in einem einzigen Momente, in wel-
chem die gesammte Lebensthätigkeit wie auf
einen Punkt zusammengedrängt scheint«22,
stimmt das Werk des Kresilas, wie wir es
gefafst, auffällig zu dem Ladas und dem
Diskobolen des Myron, indem, trotz der
Verwundung, die die Glieder erschlafft, sich
Hermolykos zum Speerwurf zusammenrafft.
Und auch formell steht das Werk
Myronischen Werken sehr nahe. Beinstellung
und Lage des Körpers sind dem Disko-
bolen23 verwandt und trotzdem dem Mar-
syas zu vergleichen. Es ist als ob zwei Myronische Motive verarbeitet wären zu
einem Ganzen, das des Myron nicht unwürdig wäre.
Amsterdam im Juni 1892. J. Six.


18) Pausanias I 25.
19) Ob sieb damit aber auch der Vorschlag von
Kekule im vorigen Heft dieses Jahrbuchs, den
Anakreon dem Kresilas zuzuschreiben vereinigen
läfst? Ich möchte auf diese Frage hier nicht
eingehen, bitte aber meinen Vorschlag für sich
beurtheilen zu wollen, da die Conjectur von
Brunn (.Annali 1859 S. 184), wovon Kekule aus-
geht, doch nichts zwingendes hat.
20) Künstlergeschichte S. 264.

21) Anth. Gr. IV 185. 318.
22) Künstlergeschichte S. 150.
23) Viel stärker als in der Seitenansicht zeigte
sich bei dem Versuch mit dem Modell die Ver-
wandtschaft mit dem Myronischen Diskoboi in
der Vorderansicht, sowohl in dem Momentanen
der Handlung wie besonders in dem »distor-
tum«, das Quintilian an dem Werke des Myron
preist und das hier über Erwarten stark hervor-
trat.
 
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