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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Mayer, Maximilian: Mykenische Beiträge, 1, Stierfang
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0082
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MYKENISCHE BEITRÄGE
I. STIERFANG*
Das hier abgebildete Vasen-Fragment stammt von den Ausgrabungen, welche
Tzuntas für die Archäologische Gesellschaft i. J. 1886 in Mykenä begann. Es ge-
hört dem jüngsten Mykenischen Gefäfsstil an,
ist uns aber schon darum werthvoll, weil in der
Mykenischen Keramik figürliche Darstellungen
wie die von Menschen und Thieren nur spär-
lich auftreten.
Erhalten ist der Oberkörper eines nach
rechts hin laufenden Stieres und darüber, der
Länge nach in der Luft schwebend, ein Mann
mit hoher, eigenthümlich geformter Mütze, dessen
Gliedmafsen derart nach verschiedenen Seiten gestreckt sind, dafs man trotz äufserster
Rohheit der Zeichnung erkennt, der Mann sei mit Gewalt von rechts her in die Luft
geschnellt worden.
So wenig die primitiven Versuche dieser Kunst, etwas der menschlichen
Gestalt Ähnliches zu bilden, zu einer genaueren Analyse einladen, findet man doch
bald wie jeder einzelne Töpfer sich seinen eignen Weg sucht und, im Gegensatz zu
der schematischen Puppenbildung der Dipylon-Malereien, hier fast jedesmal andere
Details beobachtet sind und über diesem Streben das Gesammtbild — wieder in
sehr mannichfacher Weise — verfehlt wird. So sind in unserem Falle Waden und
Zehen angegeben, während die Hände sich nicht über den Charakter von Schrift-
zügen erheben. Der Oberschenkel des zurückgesetzten Beines ist in einer nur dieser
Keramik eignen Weise als ein von der Pltifte abgehender breiter Bogen gebildet,
das Gesicht, wie wir ebenfalls von da gewohnt sind, fast ganz durch das grofse
runde Auge eingenommen. Zwischen dem Kopf mit dem typischen, viel zu langen
Halse und andererseits den Beinen, auf deren gespreizte Stellung hier viel Aufmerk-
samkeit verwendet worden, ist für einen Rumpf kein Platz mehr geblieben.
Eine grofse Rolle spielen in diesem Stil die in dicker Linie gemalten, nach
innen ausgezackten Conturen1, welche sich am Halse des Mannes befinden. Noch
auffälliger machen sie sich bei dem Stier, wo auch die Hals-Wammen, die als
Streifen gegebenen Rücken-Flecken und selbst der Schweif in solcher Weise belebt
sind. Wie an der Vase Furtwängler und Loeschcke XLI 424 in gröfserem Mafs-
stabe zu beobachten, schreiben sie sich von einer seltsamen Manier her, den Kör-
*) Dem Verfasser war beim Abschluss seines Auf- J) Auf einer anderen Vasengattung werden statt
satzes Perrots Abhandlung über die Becher von dessen die Umrisse in grofsen Punkten ge-
Vaphio im Bulletin de correspondance hellenique geben,
noch nicht bekannt.
 
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