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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Kieseritzky, Gangolf von: Apollo von Naukratis
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0189
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APOLLO VON NAUKRATTS
(Tafel 6)
Auf unserer Tafel 6 wird eine Alabasterstatuette veröffentlicht, deren Be-
deutung darin liegt, dafs sie uns zu einer allmählig anwachsenden Denkmälerclasse
einen nach vielen Richtungen hin interessanten Beitrag liefert, aus dem Lande selbst,
aus welchem wir den Grundtypus dieser Classe von Skulpturwerken herleiten müssen,
und — dafs sie innerhalb dieser Classe als Repräsentant einer besonderen Kunst-
übung anerkannt zu werden beansprucht. Sie lenkt unsere Blicke auf das alte
Wunderland Ägypten.
Dort, in Kairo, wurde im Jahre 1887 diese Statuette aus dem Besitze des
Dr. Oikonomopulo von meinem Freunde Wladimir Golenischeff erworben und seiner
schönen Sammlung einverleibt, aus welcher er sie mit gewohnter Liebenswürdigkeit
in diesem Jahrbuche zu veröffentlichen gestattete.
Die Statuette ist leider nicht vollständig erhalten: es fehlen ihr die Beine
bis etwas oberhalb der Knie, der ganze linke Arm, die Nasenspitze und ein Stück
des Kinnes; aus der linken Brust ist ein Stück herausgeschlagen, auch sind die
Geschlechtstheile beschädigt. Die jetzige Höhe der Statuette beträgt 0,175 m.
Dargestellt ist ein nackter jugendlicher Mann, geradeaus blickend, mit vor-
gestelltem linkem Beine und herabgehenden dem Körper enganliegenden Armen, die
nur in der Gegend des Ellenbogens frei liegen. Sein Haar ist gescheitelt und in
einzelne Zöpfe geflochten, von denen sieben, parallel neben einander laufend, auf
den Rücken herabfallen, wo sie in einer geraden Linie endigen, während je drei
hinter die Ohren gestrichen beiderseits vorn auf die Brust sich legen. Damit diese
Zöpfe nicht ins Gesicht gleiten, ist über die Stirn ein dickes, einst roth gewesenes,
Band gelegt, das bei den, an der richtigen Stelle sitzenden, Ohren unter die Zöpfe
tritt und wohl im Nacken geknüpft ist; unter dem Bande fallen kleine durch schwarze
Farbe angegebene Löckchen auf die Stirn. Wenn auch der Scheitel nicht ganz die
Mitte des Kopfes einnimmt, so ist das Flaar doch mit grofser Sorgfalt behandelt;
jeder Zopf läfst sich bis zu seiner Wurzel verfolgen, und von der Verdeutlichung
der Flechtung ist nur bei den Locken auf der Brust Abstand genommen, vielleicht
war das hier blos durch Farbe hervorgehoben.
Das nach unten hin sich sehr verschmälernde feine Gesicht zeigt einen ganz
eigenthiimlichen Typus, der besonders auch im Profil deutlich wird: die Nase mit
der Stirn einen stumpfen Winkel bildend und stark hervortretend, dagegen die untere
Hälfte des Gesichtes bedeutend zurückweichend, wodurch auch das Kinn um seine
Wirkung gebracht wird. Die Stirn ist schmal bei bedeutender Seitenausdehnung;
die langgeschnittenen, schmalen Augen stehen horizontal und quellen etwas hervor,
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