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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Froehner, Wilhelm: Troianische Vasenbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0035
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TROJANISCHE VASENBILDER
(Tafel I und 2)
Es ist eine Freude, zwei Vasen korinthischen Stils herausgeben zu können,
die unsere Einsicht in den Entwicklungsgang der archaischen Kunst in manchem
Sinne fördern und unsere Kenntnifs des Bilderschatzes jener
frühen Zeit wesentlich bereichern.
Die erste Vase (Tafel 1) ist eine Chytra, 1889 in Ko-
rinth gefunden, von wo sie in die Sammlung des Elerrn A. van
Branteghem in Brüssel gelangte \ Wie an den meisten Gefäfsen
dieser Form und dieser Fabrik, steht das Bild auf der Profil-
seite, fächerartig ausgespart in dem schwarzen Firnifs, mit dem
die Vase bis tief in die Mündung hinein übermalt ist. Auf der
Rückseite sind zwei sich gegenüberstehende, rechtwinklige Drei-
ecke sichtbar, mit nach innen ausgeschweifter Hypotenuse. Solche
Dreiecke, eine Reminiscenz des alten Linearstils, finden sich
gleichfalls auf der Mehrzahl dieser Chytren wieder, sogar auf
attischen; sie allein sind nicht gefirnifst und zeigen die natür-
liche, hellrote Farbe des Thons. Die Mündung hat die Form
eines Kleeblatts; der Henkel ist weifs bemalt und war mit zwei schwarzen Linien
verziert. Oberhalb des Bildes, das auf gelbroten Grund aufgetragen ist, zieht sich
ein Kymation, dessen Stäbchen mit Purpurfarbe ausgefüllt sind.
Das Bild selbst ist nach einem sehr einfachen, ziemlich kunstlosen Schema
componiert, welches sofort an das Schema der Totenklagen erinnert. In der Mitte
liegt Achilleus (AXV/'BVM) auf der Kline; aber er ist kein Toter, sondern ein Kranker;
die linke Hand an der Stirn, das Auge wach, horcht er auf die Mutter, die vor ihm
steht. Er trägt kein Untergewand; sein purpurner (jetzt ins Violette verblichener)
Mantel dient ihm als Decke, und ein weifses, gestreiftes Kissen stützt seine Schul-
tern. Die roten Pinselstriche, die ihm der Maler auf Schulter und Hals getupft hat,
sind eine Unart der älteren Technik, die sich auf vielen Vasen nachweisen läfst.
Thetis (M8£T9©), steif wie eine Puppe, neigt sich vorwärts gegen den Leidenden
und scheint ihm die offene, rechte Hand zu reichen, während ihre linke, geschlossene
Hand den Schleier lüftet. Über dieser Gruppe hängt ein runder Schild mit der
Phobos-Maske, und daneben hängen ein Paar Beinschienen. Die Fiifse der Kline
sind mit weifsen Doppelpalmetten geschmückt, die wir uns aus eingelegtem Elfen-
J) Unsere Chromolithographie ist die Wiedergabe Probedruck Angesichts des Originals in Brüssel
eines Aquarells, das Herr van Branteghem die zu revidieren.
Güte hatte, dem Institut zur Verfügung zu Höhe der Vase, 229 Millimeter; mit dem
stellen. F. Dümmler war so freundlich, den Henkel, 284 Millimeter.
 
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