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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Froehner, Wilhelm: Troianische Vasenbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0036
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Frökner, Trojanische Vasenbilder.

bein zu denken haben; ein befranzter roter Teppich liegt unter der Matraze. Der
Tisch, der vor dem Bette steht, reich beladen mit Broden, Früchten und einer Trink-
schale, ruht auf drei ausgespreizten Füfsen, und der Fufs links vom Beschauer ist mit
einer Greifenklaue verziert. Unter der Kline steht ein Schemel, den eine der Frauen
des Achilleus, mit fast allzu grofser Zärtlichkeit, mit einem roten Tuche bedeckt hat.
An die Mittelgruppe schliefsen sich zunächst zwei männliche Figuren an,
deren Namen inschriftlich gesichert sind. Hinter Thetis steht Odysseus (MVaf'O'IO),
offenbar als Redner gedacht, denn auch er streckt die Hände nach dem Kranken
aus. Rechts sehen wir einen Greisen, Phingres , dessen linke, etwas
ungeschickt gezeichnete Hand einen Stab hält, während er mit der rechten (Daumen
und Zeigefinger ausgestreckt) dieselbe Bewegung macht wie Odysseus. Beide
Männer tragen den weifsen, langen Chiton mit Halbärmeln und einen doppelfarbigen
Mantel, die Chlaina, den der eine gefaltet auf die linke Schulter gelegt und shawl-
artig um Brust und Hüfte gewunden hat, während sich der andere, bejahrtere, die
herabfallenden Schöfse um die Vorderarme gewickelt hat.
Drei Mädchen, gewifs Nereiden, stehen, die eine links, die übrigen rechts
von den vier Hauptfiguren. Sie allein bleiben unbeweglich und scheinen an der
Handlung keinen Anteil zu nehmen. In der Kleidung unterscheiden sie sich von
Thetis, der sie als Begleiterinnen zugesellt sind, nur durch das Fehlen des Schleiers
und die Form des Mantels, der Rücken, Brust und Arme2 vollständig einhüllt, aber
von der Hüfte an sich nach hinten ausschweift und einem Frack nicht unähnlich
sieht. Der Mantel der Thetis ist anders zugeschnitten und gleicht einer ärmellosen
Camisole. Alle diese Frauenkleider sind rot gemalt und schwarz gesäumt, aber auf
die Säume sind Mäander, Wellenlinien und Zickzackmuster gestickt. Auch der
Chiton blieb nicht ganz ohne Schmuck. Der der Thetis ist am Hals mit einem
Mäander verbrämt, unten mit einem einfachen Streifen und Perlenstab; die der
Schwestern haben unterwärts nur parallele Streifen. Alle Männer, sogar Achilleus,
sind bärtig, und ihr Haar fällt wie ein breiter, keilartig frisierter Zopf auf den
Nacken; die Zöpfe der Frauen reichen tiefer herab, bis an die Mitte des Rückens.
Noch sei bemerkt, dafs, mit Ausnahme des Greisen, sämmtliche Personen des Bildes
eine schwarze Binde im Haar tragen. Wer das Einzelne weiter verfolgen will, sei
auf die farbige Tafel verwiesen.
Die Erklärung der Scene ist durch die Inschriften erleichtert, und würde
uns auch ohne diese, wenigstens in der Hauptsache, gelungen sein. Im XVIII. Liede
der Ilias (v. 35 ff.) hört Thetis das Wehklagen ihres Sohnes, der den Tod des Pa-
troklos betrauert. Sie steigt aus der Meerestiefe, von ihren Schwestern umringt,
und kommt ins Zelt des Achilleus: xop oe ßapuaxsva^ovxt itapLöxaxo ttoxvicc fxrjxrjp (v. 70).
Dies ist die Scene, die der Maler darstellen wollte. Aber er hat sie mit einer
früheren combiniert, mit der itpeaßeia, die schon im IX. Gesang der Ilias erzählt ist
(v. 168 ff.). Dort werden Phoinix, der Telamonier Aias, Odysseus und zwei Herolde

2) Wie auf der kyprischen Vase im Catalog Albert Barre, Taf. 4.
 
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