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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Mayer, Maximilian: Mykenische Beiträge, 2, Zur mykenischen Tracht und Cultur
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0200
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190

Mayer, Mykenische Beiträge II.

vorausgesetzten Barbarenthum noch weiter entfernen. Es fehlt nämlich der oben
anstofsenden Figur der Helm, und eben dieser mit seinen hohen Röhren und
Büschen ist es, welchen die zweite Frau von hinten heranzubringen scheint: man
kann auf dem Original, das ich auf diesen Punkt hin wiederholt, auch mit Tzuntas
zusammen, untersuchte, noch die Büsche und Aufsätze unterscheiden von den lang
zurückflatternden Haarlocken oder -strähnen des Mannes. Ob danach der innen
ausgebuchtete Block hier wie am Föwenthor und den übrigen Bildwerken ein Altar
und nicht vielmehr ein anderes Plausgeräth, Sessel oder Tisch sei, ist sehr die Frage.
Damit wäre die einzige religiöse Scene beseitigt, die man noch allgemein
gelten läfst. Den grofsen Goldring hat schon Schuchhardt als eine harmlose Scene
im Freien gedeutet, freilich ohne Berufung auf den aus Vaphio, auf dem doch das
Plauptmotiv, das Bltithenpflücken für eine Freundin oder Gebieterin, in unzweifelhaft
profanem Sinne wiederkehrt. Auf dem ersteren tragen noch die kleinen Mädchen
besonders dazu bei, den rein menschlichen Charakter des Bildes zu erhöhen. Nur
die kleine Kriegerfigur oben konnte auch Schuchhardt nicht richtig erkennen, weil
er die Figur des besprochenen Pinax noch für ein Idol hielt, oder mehr noch, weil
man den ungebundenen Realismus und die malerisch-perspectivische Tendenz dieser
Kunstgattung erst eben zu bemerken anfing: der Krieger ist im Hintergrund zu
denken, sei es dafs er Wache hält oder als Zugehöriger der Familie dorthinten er-
scheint. Soviel ist wohl von dem früheren Eindruck, unter welchem man von einer
thronenden Göttin sprach, festzuhalten, dafs wir es mit einer hochgestellten PTau
und ihrer Umgebung zu thun haben und das Ganze Etwas wie einen fürstlichen
Park darstellt, in welchem Sonne und Mond hinter dem P'lusse einen recht wirk-
samen, man möchte sagen stimmungsvollen Plintergrund abgeben. Die beiden
grofsen Gestirne sind in der Stilisirung aufs Genaueste, die sechs als Föwen- oder
Flundsköpfe gebildeten Planeten wenigstens in der Sache babylonischen Cylindern
entlehnt4 5, an welche das ganze Bild noch die meisten Beschauer erinnert hat.
Übrigens zweifele ich nicht, dafs auch die Text-Vignette bei Furtw.-Loeschcke
S. III eine sterbliche Frau und ihre Dienerin oder Freundin darstellt0.
Einen gewissen Anhalt für die Beurtheilung der bewaffneten Figur des Gold-
rings schien Manchem die AristonofJos-Vase zu bieten, welche Furtwängler (Bronze-
funde S. 45) als Nachahmung nach einer spät-mykenischen von der Art der grofsen
Kriegervase erkannt hat. Dort wächst ja aus dem Mastbaum des einen Schiffes ein
solches »Idol« heraus, welches sich zugleich mit der für fufslos gehaltenen Gestalt
des Pinax vergleichen liefs. Vergeblich wird man antike Analogien für eine derartige

4) Die üppige, mykenisch gekleidete Frau mit wie
es scheint entblöfster Brust, welche auf der
Gemme Furtwängler-Loeschcke M. V. Hülfstafel
E 36 mit dem Bogen schiefst, vermag ich unter
diesen - Umständen nicht zu verstehen.
5) Trotz des Hausaltars oder heiligen Geräths da-
besprochenen von Grund

selbst. Dasselbe Heiligthum erscheint auf einem
neuerdings (1892) gefundenen Siegelstein, wo
sich ihm in uniformer Bewegung adorirend
drei unbärtige Männer nähern, oberwärts nackt,
mit asiatischen Weiberröcken; offenbar Priester.
Diese Darstellung ist also von den im Text
aus verschieden.
 
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