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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 7.1892

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Winter, Franz: Der Apoll von Belvedere
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https://doi.org/10.11588/diglit.37649#0187
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Winter, Der Apoll von Belvedere.

177

Mit der Rückführung auf die Kunst des Leochares ist der belvederische
Apoll nicht zum ersten Mal mit dem Namen dieses Künstlers in Verbindung ge-
bracht. Freilich ist es ein mehr zufälliges und für die Gewähr unserer Ausführungen
bedeutungsloses Zusammentreffen, wenn Wieseler27 von der Deutung auf den Unheil
abwehrenden Gott aus auf die Apollostatue des Leochares schloss, die nach Pausanias
(I 3, 4) in Athen zusammen mit dem Apollon Alexikakos vor dem Tempel des Apollon
Patroos stand. Die ganze Combination, von der Wieseler selbst bald wieder zurück-
kam28, ist auf unbeweisbare Annahmen gegründet, und sie hat eine Deutung der
vatikanischen Statue zur Voraussetzung, die wie alle übrigen an diesem Werke ver-
suchten Deutungen im Unsicheren bleibt. Wir müssen uns damit bescheiden, die
Statue als Kunstwerk zu sehen und als Kunstwerk zu begreifen, ohne sie ihrem
tieferen Sinne nach völlig ausdeuten zu können. Und wir müssen auch darauf ver-
zichten, den versuchten Nachweis durch ein litterarisches Zeugnifs zu stützen. Es
sind uns nicht weniger als drei Apollostatuen des Leochares aus der litterarischen
Überlieferung bekannt29, aber die Nachrichten sind zu kurz gefafst, als dafs sich
aus ihnen für die vatikanische Figur eine nähere Bestimmung gewinnen und eine
Beziehung zu einer von diesen drei Statuen nachweisen liefse. Um so glücklicher
schliefst sich das Wenige, was wir über die Kunstrichtung des Leochares erfahren,
mit dem aus der stilistischen Betrachtung gewonnenen Bilde zusammen. Es klingt
fast wie eine Anspielung grade auf die Statue des vatikanischen Apoll, wenn ein
Zeitgenosse, der Verfasser des pseudoplatonischen Briefes an Dionysios von Syrakus,
von einem nicht näher bezeichneten Werke des Leochares sagt yjv r.dvo zoixöov, a>?
sooxst29. Der dieses Urteil schrieb, empfand den Gegensatz, in dem sich die Kunst-
strömungen dieser Zeit von einander schieden, und er schätzte wol die schlichte
Wahrheit der Kunst eines Silanion höher als den kühnen Flug in das Reich unkör-
perlicher Schönheit, wie ihn Leochares wagte. Aber das Bild des Apoll in seiner
Göttlichkeit steht über dem Tadel, den jenes Wort enthält.
Berlin. Franz Winter.

27) Der Apollon Stroganoff und der Apollon von
Belvedere.
28) Philologus 1864 S. 246 ff.
29) Pausanias I 3, 4 npo oe toü veco tov psv Astü^dpr]?,
ov oe xaAoüaiv ’AXeSji'xaxov, KaXapt; lr:oujc;e. Plato
Epist. 13 p. 361 rcept oe u>v dTiscSTeMi? p.ot äno-
r.ip.tciv aoi, tov p.ev AttoXXoj dirpidp.r]v ts y.at

ayst aoi Aeimvrjs, veou 7.0.1 dyaHoü Srjptoupyoü,
dvop.a 0 ecreiv aüxtp Asco)^dprj?. sxspov §s naß
autop epyov ißt toxvo y.owbo't, ob? ioo'xsi. Plinius
Nat. hist. XXXIV 79 (Leochares fecit) Apollinem
diadematum. (Overbeck, Schriftquellen 508. 1302.
1306).
 
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