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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,4): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Mosbach und Eberbach — Tübingen [u.a.], 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.3997#0090

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KREIß MOSBACH.

Das einst dem Thurm der Stiftskirche gegenüber stehende Wirthshaus »Zum
Schwanen, eines der ältesten Gebäude der Stadt, welches ursprünglich wohl auch
den Stiftsherrn gehört hat« (Wirth), ist nicht mehr vorhanden, wenigstens nur noch in
seinem in der Schwanengasse gelegenen Hintergebäude, einem gänzlich schmucklosen,
aber durch seine Holzkonstruktion ungemein interessanten und malerischen Fachwerkbau,
der leider in der engen Gasse nicht gebührend zur Geltung kommt. Wie unsere Zeichnung
(Fig. 45) veranschaulicht, spielen die strebenartigen Kopfbänder, welche die weiten Aus-
kragungen der oberen Stockwerke sichern, eine hervorragende Rolle und drücken dem
Bauwerk ein derbes konstruktives Gepräge auf.

Das alte Hospital an der Ecke derselben Gasse, wo sie in die Hauptstrasse
mündet, gelegen, ist äusserlich kaum bemerkenswerth, birgt aber in seinem Hofe mit der
hölzernen Treppe und Gallerie ein trotz der unglaublichsten Verwahrlosung ungemein
malerisches Bild. (Vielleicht auch, dass unter dem Verputz des Aeusseren eine schmuck-
volle Fachwerkfaca.de verborgen steckt, wie dies öfter, als gemeinhin angenommen, bei
den jetzt mit Putz beworfenen alten Fachwerkhäusern in den Städten und Dörfern unserer
Gegend der Fall ist. In den früheren Abteilungen dieses Bandes habe ich wiederholt
auf den Unfug des Verputzens der alten Fach werkbauten und damit des Verbergens ihrer
ehemaligen Architektur hinzuweisen Gelegenheit gehabt. In Mosbach ist dies leider auch
noch in zahlreichen Fällen zu konstatiren, wenn auch schon manches geschehen ist, um
das alte Fachwerk weder zu Ehren zu bringen.) Die Stiftung diese alten Spitals oder
Pfründnerhauses geht auf das Jahr 1421 zurück (Wirth S. 67), doch dürfte der jetzige
Bau nicht mehr so weit zurückdatiren, sondern ein Neubau aus dem XVI. Jh. sein.

Ungleich werthvoller ist der dicht dabei in der Spitalgasse gelegene dreistöckige
Fachwerksbau mit grossem massivem Eingangs-Thor und überkragenden Stockwerken,
der ebenfalls als »altes Spital« bezeichnet wird.

Das gegenüberliegende ehemalige Herrschafts-Haus zeigt ein eingemauertes
Allianz-Wappen (5 Eicheln mit Stielen und Löwe mit Kreuz) mit den verschlungenen
Initialen M und A darüber als einzigen Schmuck.

Weiterhin in der Farbgasse ein altes, im Verfall befindliches Giebelhaus von 1564
(an der Kellerthür), dessen Stockwerke soweit auskragen, dass an einigen (ursprünglich
wohl an allen) der vorspringenden Balkenköpfe Kopfbüge (wie beim Haus in der
Schwanengasse) angebracht werden mussten.

In der Hauptstrasse nahe beim Rathhause ein Fachwerk-Giebel haus v. J. 1600
mit reich verzierter Renaissance - Thür im massiven Untergeschoss. Hübsches schmiede-
eisernes Gitter im Oberlicht. Die oberen Stockwerke leider verputzt. Offenbar einst
ein vornehmer Hof.

Am Marktplatze, gegenüber dem Palm'schen Hause erhebt sich ein ähnlich statt-
liches Giebelhaus aus dem J. 1600, das in neuerer Zeit von O. Hartmann restaurirt
worden ist (Tafel VIII). Ueber dem durch Einrichtung moderner Läden gänzlich ent-
stellten massiven Erdgeschoss ragen drei kräftig vorkragende Obergeschosse sammt einem
hohen Dachgeschoss empor, durch kräftiges Fachwerk mit gleichmässig darin vertheilten
Fenstern belebt. Kein Zierwerk, wie beim Palm'schen Hause, kein Erker, und doch das
Ganze schön und charaktervoll. Beiderseitig neben diesem Hause malerischer Einblick
in die von hier ausgehenden Strassenzüge mit meist schmucklosen, aber alterthümlich
wirkenden Häusern.
 
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