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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,4): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Mosbach und Eberbach — Tübingen [u.a.], 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.3997#0246

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2l6

KREIS MOSBACH.

teristik entwickelt hat, im Ganzen aber doch recht im mittelalterlichen Schema befangen
erscheint. Einst, als der Raum noch in den frischen Farben prangte und seinem Zweck
entsprechend ausgestattet war, muss die Zwingenberger Schlosskapelle einen schönen,
stimmungsvollen Eindruck gemacht haben.

Das Portal, das neben der alten Kapelle in den Archivsaal hineinfuhrt, ist später
erneuert worden. Es ist rundbogig geschlossen, aber noch mit spätgothischer Profilirung
versehen, trotz der Jahreszahl 1574, die sich zwischen den Wappen von Hirschhorn und
Adelsheim am Sturz ausgehauen befindet. Derselben Thiir mit derselben Jahreszahl
begegnen wir im 3. Stock ,bei Eintritt von der Laube in die Kemenate, ein Beweis, dass
damals auch die Verbindungsgallerie zwischen Palas und Kemenate im Anschluss an einen
Umbau des Palas im Innern erfolgt ist (vergl. oben S. 21 o).
Archivsaal Der Archivsaal liegt nach Westen, also über der neuen Kapelle, mit herrlichem

Blick über die Vorburg hinweg das dicht bewaldete Neckarthal hinab, während über
der Küche ebenfalls ein einziger grosser Raum, der sogen. Jagd-Saal, gelegen ist.
Letzterer, mit Beton-Fussboden, an den Wänden mit Hirschgeweihen geschmückt und
mit einem kräftigen Decken-Unterzuge auf Holzstütze versehen, bietet sonst nichts
bemerkenswerthes; auch der Archivsaal enthält als Sehenswürdigkeit nur eine hübsche
Renaissance-Thür mit eingelegter Holzarbeit, von der leider der oberste Aufsatz fehlt.
Archiv Das Schloss-Archiv birgt von altern werthvollen Manuskripten u. a.:

1) ein Kopialbuch v. J. 1474 im alten Pergament-Einband mit hohen Messing-
Buckeln,

2) das Taufbuch von Strümpfelbrunn und KaJ:zenbach (begonnen 1507) in
Schweinsleder gebunden,

3) ein altes Zinsbuch von 1557 in schönem Leder-Einband v. J. »1559«, mit
reichen gepressten Ornamenten und guten alten Beschlägen,

4) ein Zinsbuch von 1557, ebenso wie

5) das Schatzungs-Protokoll der Kellerey Zwingenberg, »renovirt
anno 1684«, in altem, aber zierlosem Einbände.

Ausserdem noch mehrere Zinsbücher'u. dergl. aus dem XVII. Jh. und einige
gedruckte Werke des XVIII. Jhs., verschiedenen Inhalts, darunter auch eine »Akten-
mässig-dokumentirte Facti Species« mit der Geschichte des hundertjährigen Erbschafts-
Prozesses der Göler'schen Erben.

Unter den Urkunden stammt die älteste von 1361 (Verzeichniss bei der General-
direktion der Grossh. Civilliste); sie sind meist vom Markgrafen Wilhelm gesammelt und von
Krieg von Hochfelden zu seinem Buche über Zwingenberg (s. oben) benutzt worden.

Das zweite Obergeschoss vom Palas und Kapellenbau ist zu herrschaftlichen
Wohnräumen für Seine Königliche Hoheit den Grossherzog hergerichtet und dabei zum
Theil mit älterem Mobiliar ausgestattet worden.
Rittersaal Das oberste Geschoss enthält im Kapellenflügel einen grossen Wohnraum, der

zu Krieg von Hochfeldens Zeiten bereits als der Rittersaal bezeichnet wurde und mit
einer »Art italienischem Estrich« (Terrazzo) als Fussboden versehen war (jetzt durch
Dielung ersetzt). Die damals noch sichtbaren » Spuren von Wandgemälden« sind hier
ebenso wie im Treppenthurm (s. unten) unter dem modernen Anstrich, bezw. der Tapete
verschwunden.
 
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