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AMT BRETTEN — WÖSSINGEN I 63

Kuhschelle, ein speerspitzenähnliches Instrument, ein weiteres eigenartiges, mit halb- Römisches
kugeligen, an Stielen und drehbarer Achse befestigten Kacheln, wohl Küchenzwecken
dienend. Roher Kopf einer Bronzestatuette, Kupfermünze des Septimius Severus
von 195.

Die Trümmer der zweiten Landvilla auf der westlichen Dorfseite, im'Wiesen-
grund die südliche Anhöhe hinan; ostwärts durch die tief eingeschnittene Dorfstraße
begrenzt. Die Kalksteinmauern bei 0,60 bis 0,65 m Stärke teilweise bis 1,50 m hoch.
Gruppierung mehrerer rechteckiger Gemächer um ein kleines Atrium mit langen
flankierenden Gängen im Westen und Osten des Hofes samt einer Reihe von Ge-
lassen nach Südosten hin. In dem Flur östlich vom Atrium farblich gut erhaltene
Wandfresken von 4 bis 5 m Länge und bis 1 m Höhe freigelegt, bestehend aus doppel-
linigem Saum über dem Boden, mit rechteckigen Tafelfeldern darüber. Diese durch
breite gelbe Bänder getrennt, besetzt mit Kreisornamenten und kleinen Bildchen
kulinarischen Inhalts. Von dem höher sitzenden, abgefallenen Wandschmuck, den
Ornamenten mit Füllungen in rot und grün, mit Darstellungen von Früchten, Vögeln, N

Gefäßen, Genregegenständen und Friesen, nur Bruchstücke erhalten. Auch im west-
lichen Gang Reste von Wandmalereien mit Gefäßabbildungen auf schwarzem Grund;
Bewurfstücke mit menschlichen Figuren im Schutt. Zimmer mit zerstörten Heizanlagen
und Präfurnium. Einzelnes im Mittelalter benutzt und verändert. Funde: In einem
der südöstlichen Räume ein eichener gereifter Kübel in Zylinderform, mit Kalk
gefüllt, Beschlag einer bronzenen Dolchscheide, ein T-Buchstabe aus vergoldetem
Bronzeblech, Bruchstück eines großen, bauchigen Gefäßes mit sehr breitem, wag-
recht ausladendem Rand, Sigillatenscherben in ziemlicher Zahl mit Barbotine- und
Bilderverzierung, mit Stempeln wie Marcus, Virilis, Avitus, Magio, Marianus. Nach
den keramischen Funden bestand diese Villa in der Hauptsache von der zweiten
Hälfte des 2. Jhs. bis ins 3. Jh. hinein (Wagner II, 114 —121, mit Abbild.).

Ev. Ortskirche. Die beiden Kirchen von Unter- und Oberwössingen (Titel Ortskirche
seit der Reformation verschollen), deren Patrone die Herren von Stein und Kloster
Frauenalb waren, wurden in den zwanziger Jahren des 19. Jhs. abgebrochen und in
der Mitte des Ortes 1821/22 ein ansehnliches Gotteshaus nach Plänen von Fr. Wein-
brenner errichtet, mit stattlicher Aufgangstreppe. Das alte Pfarrhaus der unteren
Kirche noch vorhanden.

Abendmahlsgeräte unbegreiflicherweise 1911 verkauft, obwohl eine Kanne
von 1692 darunter und zwei andere aus dem 18. Jh.

Glocken. 1. Von Anselm Speck in Heidelberg 1789. 2. und 3. neu.

Grabsteine in der jetzigen Kirche, aus der abgebrochenen von Ober- Grabsteine
wössingen stammend: Im Langhaus an der Eingangswand: 1. Grabmal Joh. Georg
Schillings von Canstadt, geb. 19. Mai 1663 zu Owen in Württemberg, und seiner Ge-
mahlin Sophie Magdalena Katharina von Widerhold (geb. 24. Januar 1686; ihr Vater
Joh. Dietrich von Widerhold, der berühmte Verteidiger des Hohentwiel, ihre Mutter
Anna Marg. geb. von Remchingen). Im Aufsatz ihre Wappen. Er war Oberst des
schwäbischen Kreises, Kommandant des badisch - durlachischen Regiments zu Fuß,
kämpfte von 1683 bis 1714 gegen Türken und Franzosen, verheiratete sich 1706.
Von seinen elf Kindern zur Zeit seines Todes noch sieben am Leben: Joh. Wilh.
Dietrich, Joh. Georg Friedrich, Maria Margaretha, Johann Georg, Jacobea Kunigunde,

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