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ESSEN.
Kreuzigung aus ihren Gräbern auferstanden. Wir entschliessen uns aus drei Gründen für
die letztere Annahme. Erstens weil die wellenförmigen Andeutungen, welche die vier Figuren
umgeben, sonst die Flusswellen bedeuten müssten, dem aber ihre Verwendung als Bodenfläche
für die übrigen Figuren widerspricht. Zweitens würden die Flus.sgötter kaum ohne Attribute
auftreten, noch ihnen, denen ruhiges Hinlagern geziemt, eine so lebhafte Geberde zukommen,
am wenigsten der Thurm sich damit vereinigen lassen. Drittens passt aber gerade für die Auf-
erstehenden diese aus der Erde emporfahrende Geberde; sie bedürfen keiner Attribute; wie
die unlcren erst halb aus der Erde hervortaueben, oben links der Erstandene schon mit dein
linken Euss den Boden betritt, so finden wir in jener Figur im Thurme dann den Beginn
jener Steigerung des Ervvachens. Zwischen den beiden Figuren der Erstandenen, auf einigen
angedeuteten Bodenwellen, entwickelt sich der dritte Vorgang, die Himmelfahrt. Empor-
schauend sieben die 11 Jünger da, während der Todüberwinder — es ist uns unklar, ob
sein Fuss auf Schädeln oder auf Wolken ruht — in der linken Hand ein Kreuz trägt, indess
die Becbtc ein Buch emporhält, als wollte sie das erfüllte Gesetz zum prophetischen Wort,
den alten zum neuen Bund gesellen, indem in der die ganze Darstellung durchgehenden
Svmmetrie auch hier ein zweites Buch neben dem ersteren in den Wolken zu sehen ist.
Aus den Wolken schauen die zwei Engel des Evangeliums, zu jeder Seite des Heilandes
einer, auf die Apostel herab, mit der Beeilten den Segen ertheilend; in der Linken halten
sie Scepler. Ein Band antik stilisirter Blattmotive umfasst das Ganze.
Die Darstellungen des Goldrandes, der die Elfenbeintafel einrahmt, schliessen sich
an letztere genau an, Er umgiebt dieselbe zunächst mit einem Filigranbande, besetzt mit weissen
Perlen, blauen und rothen Steinen, welches von den innern Ecken aus mit demselben Schmuck
zu den äussern Ecken des Goldrahmens läuft, wodurch es denselben in 4 Abtheilungen trennt, die
sich nach aussen durch einen stilisirten Blattrand und ein Filigranband abschliessen. In der
obersten Abtheilung, über der Himmelfahrt, thront der Salvator mundi, die Füsse auf die
Erdkugel gestellt, sitzend auf dem Regenbogen, die Bechte segnend erhoben, in der Linken
Buch und Kreuz haltend. Er ist bartlos und jugendlich, vom Kreuznimbus umstrahlt, im
Weiteren vom Himmelkreise umgeben, den zwei schreitende Erzengel halten und berühren,
welche eben durch ihre schreitende Bewegung den Lauf der Himmelskörper zu sym-
bolisiren scheinen. Sie halten in ihren, in byzantinischer Weise vom Gewände über-
deeklen Händen runde Scheiben, von denen die eine allerdings Strahlen, die andere nur
einen kleineren Kreis enthält, die wir aber nur mit Widerstreben für Sonne und Mond hallen,
da deren Personhlcationen in gleichzeitigen Denkmälern stets zu ganzen Figuren ausgebildet
sind.57 Jedenfalls sind diese Engel Personificationen der. Bewegung der Weltkörper. Die
beiden Abtheilungen an den Seiten enthalten in 4 architektonischen Nischen, deren Bogen
von Säulen mit Volutencapitäl und Basen ohne Eckblatt getragen werden, zu oberst Petrus
57. Piper: Mythologie der cliristl. Kunst. II. Abthl. S. 141. Vergleiche über die Erzengel als Lenker
der Himmelskörper das zu Taf. XXXVII. la. Gesagte.
ESSEN.
Kreuzigung aus ihren Gräbern auferstanden. Wir entschliessen uns aus drei Gründen für
die letztere Annahme. Erstens weil die wellenförmigen Andeutungen, welche die vier Figuren
umgeben, sonst die Flusswellen bedeuten müssten, dem aber ihre Verwendung als Bodenfläche
für die übrigen Figuren widerspricht. Zweitens würden die Flus.sgötter kaum ohne Attribute
auftreten, noch ihnen, denen ruhiges Hinlagern geziemt, eine so lebhafte Geberde zukommen,
am wenigsten der Thurm sich damit vereinigen lassen. Drittens passt aber gerade für die Auf-
erstehenden diese aus der Erde emporfahrende Geberde; sie bedürfen keiner Attribute; wie
die unlcren erst halb aus der Erde hervortaueben, oben links der Erstandene schon mit dein
linken Euss den Boden betritt, so finden wir in jener Figur im Thurme dann den Beginn
jener Steigerung des Ervvachens. Zwischen den beiden Figuren der Erstandenen, auf einigen
angedeuteten Bodenwellen, entwickelt sich der dritte Vorgang, die Himmelfahrt. Empor-
schauend sieben die 11 Jünger da, während der Todüberwinder — es ist uns unklar, ob
sein Fuss auf Schädeln oder auf Wolken ruht — in der linken Hand ein Kreuz trägt, indess
die Becbtc ein Buch emporhält, als wollte sie das erfüllte Gesetz zum prophetischen Wort,
den alten zum neuen Bund gesellen, indem in der die ganze Darstellung durchgehenden
Svmmetrie auch hier ein zweites Buch neben dem ersteren in den Wolken zu sehen ist.
Aus den Wolken schauen die zwei Engel des Evangeliums, zu jeder Seite des Heilandes
einer, auf die Apostel herab, mit der Beeilten den Segen ertheilend; in der Linken halten
sie Scepler. Ein Band antik stilisirter Blattmotive umfasst das Ganze.
Die Darstellungen des Goldrandes, der die Elfenbeintafel einrahmt, schliessen sich
an letztere genau an, Er umgiebt dieselbe zunächst mit einem Filigranbande, besetzt mit weissen
Perlen, blauen und rothen Steinen, welches von den innern Ecken aus mit demselben Schmuck
zu den äussern Ecken des Goldrahmens läuft, wodurch es denselben in 4 Abtheilungen trennt, die
sich nach aussen durch einen stilisirten Blattrand und ein Filigranband abschliessen. In der
obersten Abtheilung, über der Himmelfahrt, thront der Salvator mundi, die Füsse auf die
Erdkugel gestellt, sitzend auf dem Regenbogen, die Bechte segnend erhoben, in der Linken
Buch und Kreuz haltend. Er ist bartlos und jugendlich, vom Kreuznimbus umstrahlt, im
Weiteren vom Himmelkreise umgeben, den zwei schreitende Erzengel halten und berühren,
welche eben durch ihre schreitende Bewegung den Lauf der Himmelskörper zu sym-
bolisiren scheinen. Sie halten in ihren, in byzantinischer Weise vom Gewände über-
deeklen Händen runde Scheiben, von denen die eine allerdings Strahlen, die andere nur
einen kleineren Kreis enthält, die wir aber nur mit Widerstreben für Sonne und Mond hallen,
da deren Personhlcationen in gleichzeitigen Denkmälern stets zu ganzen Figuren ausgebildet
sind.57 Jedenfalls sind diese Engel Personificationen der. Bewegung der Weltkörper. Die
beiden Abtheilungen an den Seiten enthalten in 4 architektonischen Nischen, deren Bogen
von Säulen mit Volutencapitäl und Basen ohne Eckblatt getragen werden, zu oberst Petrus
57. Piper: Mythologie der cliristl. Kunst. II. Abthl. S. 141. Vergleiche über die Erzengel als Lenker
der Himmelskörper das zu Taf. XXXVII. la. Gesagte.