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02 AACHEN

die Sänger Roms46 und die Orgeln47 von Byzanz das Benedictas anstimmten, in diesem Tem-
pel, den die Schätze von zwei Welten zu schmücken sich bestrebten, ein Papst mit seiner
Gegenwart vielleicht mit seiner Weihe ehrte, und Carl dann eine innere Stimme sagen durfte:
dass er nicht allein die todten Schätze der alten Welt nach Germanien geführt, sondern auch
die ewig zeugenden Keime ihrer Cultur und Gesittung.

Das letzte und nicht wenig kostbare Denkmal, welches seine Marienkirche von ihm
erhielt, waren seine Gebeine, die dort vor 1045 Jahren bestattet wurden. Dass er nur einen
Tag48 nach seinem Tode hier begraben wurde und man sich rathlos über den Ort der Bei-
setzung49 befand, weil er nichts im Voraus darüber bestimmt hatte, liefert den Beweis, dass
ein vorhandener bisher zu anderen Zwecken bestimmter wohlgeschmückter Ort dazu genommen
wurde. Welcher andere schon wohlgeschmückte Raum konnte aber unter der Erde vorhanden
sein, als eine Crypta des Chores. Wenn auch S. Vitale keine solche besitzt, so würde die-
ses nicht ausschliessen, dass Carl der damals vielleicht schon bestehenden deutschen Sitte ge-
folgt sei, die heil. Reliquien in einer Crypta zu bewahren. Ueber dem Grabe trug ein ver-
goldeter Bogen die Inschrift:

Sub hoc conditorio situm est corpus Caroli Magni atque orthodoxi imperatoris, qui
regnum Francorum nobiliter ampliavit et per annos XLVII feliciter lenuit, decessit
septuagenarius anno dni DCCCXIIII indictione VII. V. Kalendas Februarii.50
Wenn auch Ludwig der Fromme, der in Aachen von seinem Vater zuerst gekrönte
Herrscher51, diesen an Frömmigkeit und Fürsorge für die kirchlichen Stiftungen noch über-
traf, neue, wie auf dem Salvatorberge und Cornelimünster, gründete52, in Aachen zumeist
seinen Hof hielt, dort die Gesandtschaften empfing53, Reichsversammlungen und Synoden ab-

46. Nach einer Handschrift der Lorscher Annalen ad an. 787 sandte Hadrian die Sänger Theodor und

Benedict auf Carl's Wunsch an dessen Hof.

47. Das grossere Lehen Ludw. d. Frommen ad an. 826. c. 40, und Monach. S. Gall. IL c. 7, und

Enm. Nigellus IV. v. 639. Vergl. Einh. Jahrb. ad an. 757, wonach Pipin schon eine Orgel
aus Byzanz erhielt. Sidon Apoll. Lib. I. 2.

48. Thegan, ad an. 814. c. 7.

49. Einhard, Lehen C. d. Gr. c. 31.

50. Einhard, Lehen C. d. Gr. c. 31. Der verhü'ltnissmässig geringe Raum des Octogons (50' im Durchm.)

würde kaum in dessen Mitte die Aufstellung eines Bogens statthaft sein lassen, indem ein
solcher der Gommunication hinderlich gewesen wäre. Und da die Grabkainmer schon früher
vorhanden sein musste, so fragt man, zu welchem Zwecke ein unterirdischer Raum in der
Mitte des Octogons hätte vorhanden sein sollen? Konnte ein solcher Raum denkbarer Weise
nur als Crypta unter dem Altare liegen, so werden, wie bei den Crypten in Emmerich, Essen
und Werden, die Zugänge in den beiden zu Seiten des Allars liegenden Bogen sich befunden
haben, und Uber einem dieser Bogen die Inschrift gewesen sein.

51. Krönung bei: Thegan ad an. 813. c. 6. Aslronomus, Leben Ludw. d. Fr. ad an. 514. c. 22.

Vergl. Quix: Geschichte der Stadt Aachen. I. p. 17,

52. Act. Sanct. Bollandi, 12. Februar, c. 10, vita S. Benedicli Aniani.

53. Der Bulgaren mit Geschenken. Thegan ad an. 825. c. 32, der Byzantiner und Sarazenen: Aslro-

nomus ad an. 817. c. 27.
 
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