06 AACHEN.
die wir auf Taf. XXXV besprechen, ausserdem goldene Gefässe, weihte dar Kaiser zum
Andenken dieses Tages der Kirche.77 Und nach allen Beziehungen sehen wir den Ort
und das Stift sich seiner Gunst erfreuen. Liess doch der Kaiser die Häuser mehrerer Ritter
sofort der Erde gleich machen, weil sie einige Canonici überfallen hatten78, und die Stadt
drängt er zur Bedeutung; denn sie muss ihm das Versprechen geben, in vier Jahren befestigt
und mit Ringmauern versehen zu sein. Ja wir sehen in den folgenden Jahren einen kaiser-
lichen Bruder, Philipp von Schwaben, als Propst dem Marienstifte vorstehen, und ein kleiner
Ueberrest des Dormitoriums, welches er im reichsten romanischen Stil sammt einem Klosterneubau
errichtete, erinnert noch an sein Regiment, das Aachen allerdings Unsegen brachte. Als
Philipp die Kaiserwürde erhielt, sich aber mit seinem Gegenkaiser, Otto von Braunschweig,
darum streiten musste, fiel Aachen nach einer kurzen Belagerung in die Hand des letzteren.
Aber diese Besitzergreifung durch Otto IV. war nur vorübergehend und hinderte nicht, dass
Friedrich II. ebenso grossartig wie der erste Friedrich bei seiner Krönung Hof zu Aachen
hielt. Wie dieser versammelte Friedrich II. einen glänzenden Reichstag daselbst und wie
damals Bernhard's v. Clairvaux Anwesenheit gemeldet ward, so ertönte jetzt die Stimme des
Scholasters Johann von Xanten zur Anfeuerung der Kreuzzüge. Damaliger Zeitsitte gemäss
verehrte man die Gebeine und Reliquien der Heiligen nicht mehr in den unbeliebt geworde-
nen Grüften, sondern in kostbaren von Gold, Edelsteinen und Email strahlenden Schreinen.79
Hatte nun schon Friedrich I. die Gebeine Garl's des Grossen bei dessen Grabesöffnung in einen
kostbaren Sarg legen lassen, so sehen wir Friedrich IL abermals bemüht zur Verherrlichung
Caii's; denn er vollführt selbst den letzten Ilammerschlag bei der Translation des Leich-
nams in seinen jetzigen Behälter und dessen erneuter Aufstellung und trägt Sorge für einen
neuen Schrein der grossen Reliquien.s0 Friedrich II. war bestrebt, der Kirche zu ihrem alten
Glänze wieder zu verhelfen; es wird uns berichtet, dass er für die Herstellung der Kirchen-
gebäude und Kirchenfenster und für die Anschaffung neuer Kirchenbücher Sorge trug und
der Stadt das Privilegium seines Vorgängers bestätigte.81 Indess diese Gunstbezeugungen des
neuen grossen Kaiserhauses sind es nicht allein, welche eine erneute Entwicklung der deut-
schen Krönungsstadt begründen; aus ihrem eigensten Leben erwuchs selbstige Kraft.
Bis dahin war Aachen nur die kaiserliche Pfalz, der Grund und Boden, der sie um-
gab, war kaiserliches Eigenthum, von den Vasallen bewohnt, von dem Pfalzgrafen verwaltet.
77. Quix I. p. 65. Monach. Panlal. ad an. 1166. apud Freher I. p. 337. Ueber die Canonisation
Act. Sanct. Bolland. Januar. Tom. II. p. 888.
78. Siehe das Einzelne bei Quix I. bis zum Schkiss und Heft II. p. 1—29.
79. Die Grüfte, Crypten, setzen das Grab eines Heiligen, also dessen ganzen Körper, voraus, wesshalb
wir glauben, dass vom 12. Jahrb.. an, wo man nicht mehr ganze Körper der Heiligen, son-
dern nur Partikel derselben von Rom aus an die einzelnen Kirchen zu senden im Stande
war, auch der Sinn der Grüfte als Begräbnissslätten der Titularheiligen verschwand, und aus
diesem Grunde die neue Sitte aufkam, die Partikel in kostbaren Gefasscn zu verwahren.
80. Vergl. Text zu Taf. XXXVI und XXXVII.
81. Lac. II. 84.
die wir auf Taf. XXXV besprechen, ausserdem goldene Gefässe, weihte dar Kaiser zum
Andenken dieses Tages der Kirche.77 Und nach allen Beziehungen sehen wir den Ort
und das Stift sich seiner Gunst erfreuen. Liess doch der Kaiser die Häuser mehrerer Ritter
sofort der Erde gleich machen, weil sie einige Canonici überfallen hatten78, und die Stadt
drängt er zur Bedeutung; denn sie muss ihm das Versprechen geben, in vier Jahren befestigt
und mit Ringmauern versehen zu sein. Ja wir sehen in den folgenden Jahren einen kaiser-
lichen Bruder, Philipp von Schwaben, als Propst dem Marienstifte vorstehen, und ein kleiner
Ueberrest des Dormitoriums, welches er im reichsten romanischen Stil sammt einem Klosterneubau
errichtete, erinnert noch an sein Regiment, das Aachen allerdings Unsegen brachte. Als
Philipp die Kaiserwürde erhielt, sich aber mit seinem Gegenkaiser, Otto von Braunschweig,
darum streiten musste, fiel Aachen nach einer kurzen Belagerung in die Hand des letzteren.
Aber diese Besitzergreifung durch Otto IV. war nur vorübergehend und hinderte nicht, dass
Friedrich II. ebenso grossartig wie der erste Friedrich bei seiner Krönung Hof zu Aachen
hielt. Wie dieser versammelte Friedrich II. einen glänzenden Reichstag daselbst und wie
damals Bernhard's v. Clairvaux Anwesenheit gemeldet ward, so ertönte jetzt die Stimme des
Scholasters Johann von Xanten zur Anfeuerung der Kreuzzüge. Damaliger Zeitsitte gemäss
verehrte man die Gebeine und Reliquien der Heiligen nicht mehr in den unbeliebt geworde-
nen Grüften, sondern in kostbaren von Gold, Edelsteinen und Email strahlenden Schreinen.79
Hatte nun schon Friedrich I. die Gebeine Garl's des Grossen bei dessen Grabesöffnung in einen
kostbaren Sarg legen lassen, so sehen wir Friedrich IL abermals bemüht zur Verherrlichung
Caii's; denn er vollführt selbst den letzten Ilammerschlag bei der Translation des Leich-
nams in seinen jetzigen Behälter und dessen erneuter Aufstellung und trägt Sorge für einen
neuen Schrein der grossen Reliquien.s0 Friedrich II. war bestrebt, der Kirche zu ihrem alten
Glänze wieder zu verhelfen; es wird uns berichtet, dass er für die Herstellung der Kirchen-
gebäude und Kirchenfenster und für die Anschaffung neuer Kirchenbücher Sorge trug und
der Stadt das Privilegium seines Vorgängers bestätigte.81 Indess diese Gunstbezeugungen des
neuen grossen Kaiserhauses sind es nicht allein, welche eine erneute Entwicklung der deut-
schen Krönungsstadt begründen; aus ihrem eigensten Leben erwuchs selbstige Kraft.
Bis dahin war Aachen nur die kaiserliche Pfalz, der Grund und Boden, der sie um-
gab, war kaiserliches Eigenthum, von den Vasallen bewohnt, von dem Pfalzgrafen verwaltet.
77. Quix I. p. 65. Monach. Panlal. ad an. 1166. apud Freher I. p. 337. Ueber die Canonisation
Act. Sanct. Bolland. Januar. Tom. II. p. 888.
78. Siehe das Einzelne bei Quix I. bis zum Schkiss und Heft II. p. 1—29.
79. Die Grüfte, Crypten, setzen das Grab eines Heiligen, also dessen ganzen Körper, voraus, wesshalb
wir glauben, dass vom 12. Jahrb.. an, wo man nicht mehr ganze Körper der Heiligen, son-
dern nur Partikel derselben von Rom aus an die einzelnen Kirchen zu senden im Stande
war, auch der Sinn der Grüfte als Begräbnissslätten der Titularheiligen verschwand, und aus
diesem Grunde die neue Sitte aufkam, die Partikel in kostbaren Gefasscn zu verwahren.
80. Vergl. Text zu Taf. XXXVI und XXXVII.
81. Lac. II. 84.