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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 32.1916-1917

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Thoma, Hans: Wie ich dazu kam, Graphiker zu werden: Brief Hans Thomas an die Schriftleitung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13746#0275

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WIE ICH DAZU KAM, GRAPHIKER ZU WERDEN

BRIEF HANS THOMAS AN DIE SCHRIFTLEITUNG

Gern komme ich Ihrem Wunsche nach in
sachlicher Weise einige Mitteilungen zu
machen wie ich dazu kam Graphiker zu werden,
kam ich doch erst in schon vorgerücktem Alter
dazu Lithographien und später auch Radie-
rungen zu machen. Meine Zeichnungen und
Aquarelle fanden die Gunst des Publikums
viel eher als meine Bilder. Diese Handzeich-
nungen wurden meist in der Absicht gemacht
sie an gute Freunde zu verschenken es waren
Gelegenheitsarbeiten ohne eigentlichen Zu-
sammenhang. Manchmal wurde ich veranlaßt
kolorirte Zeichnungen zu wiederholen, das
war mühsam.

Anfang der 90. Jahre erhielt ich eine Ge-
schäftsanzeige aus Berlin worin ein Hand-
apparat empfohlen wurde „Tachograph" ge-
nannt mit dem man Lithographien herstellen
und eigenhändig drucken könne, das leuchtete
mir ein und so vervielfältigte ich einfache
Konturenzeichnungen mit der Absicht sie von
Hand zu kolorieren. Natürlich konnte ich von
solchen Drucken nur etwa 10—20 Exemplare
herstellen von denen ich je 2—3 bemalte.
Auch diese gingen meist geschenkweise in
die Welt und wurden als „geschenkter Gaul"
harmlos aufgenommen. — Um die unvoll-
kommene und doch mühsame Arbeit zu über-
winden ging ich später zum Lithographen
und ließ dort drucken; in früher Jugend war
ich einmal Lithographenlehrling und so waren
die dort erworbenen Erfahrungen für mich
auch nicht verloren; ich machte meine Zeich-
nungen auf Stein und später auf Aluminium;
— auch diese Drucke wurden in nur kleiner
Auflage hergestellt und kamen in den Handel
ohne viel beachtet zu werden — die Druck-
platten wurden zerstört. Da inzwischen die
Originaldrucke doch rar und auch in Anbetracht
ihrer Einfachheit für den Verkauf in den
Kreisen wo sie eigentlich den meisten Beifall
finden konnten zu teuer wurden hat Breit-
kopf & Härtel von einer großen Anzahl der-
selben Nachbildungen hergestellt die zu bil-
ligem Preis ziemliche Verbreitung gefunden
haben.

Später probierte ich das Radieren — aber
das Aetzen war mir eine leidige Sache, die
mir nicht recht gelingen wollte. — Da kam
durch Zufall mir ein Stück vernickeltes Zink-
blech, der Abfall von einer hinter einer Wand-

lampe angebrachten Reflexspiegelung, in die
Hand. Ich probierte darauf die Radiernadel,
kratzte auch einen Kopf hinein und übergab
das Blech dem Kupferdrucker, die Sache sah
nach etwas aus und von da an machte ich
nur noch Nadelarbeiten ohne Aetzung — ich
konnte so ohne Grund aufzutragen jederzeit
an meiner Zinkplatte arbeiten und sie weiter-
führen. Der Nickelüberzug wurde durchkratzt
mehr oder weniger tief ins Zink hinein. Die
Vermutung die ich hatte, daß dieser Nickel-
überzug der Platte in Bezug auf die Ausdauer
im Druck eine große Festigkeit geben würde,
hat sich gut bewährt, man kann schon eine
Auflage von ein paar hundert Drucken machen,
ohne daß die Platte wesentlich Schaden leidet.

Natürlich muß man auf Manches verzichten,
was an Feinheit des Tones die geschickte
Handhabung der Kupferätzung hervorbringen
kann. Der direktere Willensausdruck des
Künstlers, der in solchen Kaltnadelarbeiten
auf Nickelzink sich geltend machen kann,
mag für manch anderes entschädigen. Die
Leichtigkeit, daß man zu jeder Zeit, ohne alle
Vorbereitung an solchen Platten arbeiten kann,
ist auch eine Sache, die man dem Resultat
in günstiger Weise ansehen kann; für Kalt-
nadelarbeit ist dies vernickelte Zinkblech
jedenfalls besser als die Kupferplatte, die für
Aetzung sich eignet, aber für Nadelbehandlung
schwieriger ist. Da auch andere Künstler
diese Zinkplatten vielfach benützten, wurden
sie diesem Zweck dienlich sorgfältiger herge-
stellt, sie sind billig was in der jetzigen kupfer-
armen Zeit auch nicht zu unterschätzen ist.

Was die Orginalgraphik in der Malerei be-
deutet ist allgemein bekannt und schon viel-
fach ausgesprochen worden, sie kann gewisser-
massen als der persönlichste Ausdruck vom
Wesen eines Künstlers gelten; die Hand kann
unmittelbarer d. h. mit den wenigsten Mitteln
zum Ausdruck bringen, was der Kopf mit
seinen Phantasievorstellungen denkt, ja die
Griffelkunst kann auch von guter Einwirkung
auf die eigentliche Malerei sein, die eine viel
schwierigere Handhabung zu bewältigen hat
— die untrennbare Einheit von Zeichnen und
Malen wird hergestellt. Auch giebt die Graphik,
die direkt aus der Hand des Künstlers ent-
springt, eine gewisse Klarheit über die Grenzen
der jetzt zu so hoher Vollkommenheit gelangten

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