langen nach Farbe um jeden Preis zu einer
Einfachheit und Reife der Formensprache ent-
wickelt, die seinen Werken das innere Gleich-
maß geben. Dieser Weg führte ihn über de-
korative Phantasien hinaus zu einer klaren
Trennung von Wandgemälde, Staffeleibild und
graphischem Druck. Es ist zugleich ein Weg
zum Stil, und es ist gut, von dieser Entwick-
lung zu sprechen, damit ihr Ergebnis auch
anderen Nutzen bringt*).
Die ersten Lithographien, die „Eva" für den
Pan und die „Flora" bedeuten noch Ueber-
tragungen von Malereien auf den Stein. Das
Leistikows Arbeiten verwandte Streben, dabei
das Papier unter den Farben völlig verschwin-
den zu lassen, scheint für den graphischen
Stil bedenklich und wurde daher auch schon
in „Sonnige Tage" (erschienen im Pan) auf-
gegeben.
Der erste entscheidende Schritt über diese
bezeichnenderweise durch ornamentale Um-
randung abgeschlossenen Kompositionen hinaus
wird noch während der Berliner Zeit mit „Per-
seus und Andromeda" (für die Freie Vereini-
gung Darmstädter Künstler) getan. Durch den
Verzicht auf Farbe und deckenden Aufdruck
kam der Künstler hier zum Ton, dessen däm-
merndes Spiel dem Bild sein Leben gibt.
Seelisch ist dies Blatt von einer für L. von Hof-
mann kennzeichnenden Feinheit. Es stellt nicht
den Kampf des Ritters dar, sondern seine zarte
Scheu, die befreite Gestalt nun aus den Fesseln
zu lösen und sich zu eigen zu nehmen.
Der diesen Druck kennzeichnende Gegen-
satz von Dunkelheit und Helligkeit gibt auch
den folgenden Arbeiten das Gepräge. So hebt
sich im „Bad im Walde" (für die Künstler-
vereinigung für Originallithographie) das Mäd-
chen von dem Rand des Ufers ab, so wird
das Thema „Jüngling und Pferd", das Ludwig
von Hofmann 1904 in drei Steindrucken be-
handelt, aufgefaßt als Kontrast gelenker heller
Körper vor der schweren Masse der Pferde
und weiter klingend im Widerspiel lichter
Wolken vor dem abendlich dunklen Glanz des
Himmels.
Kaum aber hat Hofmann diese Vollendung
erreicht, als ihn ein neues Problem ergreift:
Schwarz und Weiß verlieren ihre Gegensätz-
lichkeit und fügen sich zu einem gemeinsamen
Spiel silbergrau schimmernder Töne zusam-
men. Das ist versucht in der „Bekränzung
eines jungen Siegers", einem zarten, an leichte
Pastelltöne erinnernden Steindruck und im
„Pferd und Jüngling", wo der Umriß in zartes
*) Eine übersichtliche Zusammenstellung von Hofmanns Gra-
phik veranstaltete die Kunsthandlung Prestel zu Frankfurt a. M.
im Oktober 1913.
Grau abgeschwächt wird. Zur Vollendung er-
hoben ist diese freieste Möglichkeit der Litho-
graphie in den Tänzen, die 1905 im Insel-
verlag erschienen sind und als ein Dokument
der neuen Kunst Weimars aufgenommen wurden.
Da es sich hier um eine Folge handelt,
sind die Blätter erfüllt vom Rhythmus der
großen Komposition. Je geschlossener und ein-
facher in ihnen das Linienspiel dargestellt ist,
um so mehr lebt ein musikalischer Klang, der
hier in einziger Weise für Werke der bilden-
den Kunst erobert wurde. Es gibt vibrierende,
gleichsam getupfte Bilder, in denen man das
Zupfen der Geige zu hören meint, wie etwa
die Szene der beiden Knaben, in deren Kör-
pern sich die Tanzmelodien regen; es gibt
Kompositionen von einem großzügig gewellten
Linienfluß, wie das Bild der „Mänaden", die
sich in rasendem Taumel auf einen Stier stür-
zen, um ihn zu zerreissen, und die Begrüßung
der drei gleichmäßig gebeugten Gestalten
durch einen wie im Tanze erhobenen Arm.
Dunkel und Hell, also gedruckte Töne und
freibleibender Grund, verbinden sich einheit-
lich zu einem farbigen Hauch, so daß wir
über das Blatt hinaus eine große Kompo-
sition wie unter einem Schleier auftauchen
und sich lebendig bewegen sehen. Eine Stei-
gerung dieser letzten Möglichkeit innerlich
geschauter Impressionen schien nicht mehr
denkbar.
Aber auch hier fand das eiserne Streben
des Künstlers einen noch schwereren Weg:
Er kam sechs Jahre später zum Holzschnitt
und ging daran, den strengen Absichten seines
fortschreitenden Kunstschaffens entsprechend,
auch hier ein Zusammenspiel der druckenden
und freibleibenden Teile zu erreichen, das dem
fertigen Blatt das Leben eines farbig klang-
vollen Bildes gab. Mit zarten kleinen Drucken
tastete er zunächst nach den technischen Mög-
lichkeiten, wie seine Kunst sie suchte. Da-
bei blieben die Schatten gelegentlich noch
hart, die Umrißlinien noch zeichnerisch iso-
liert wie bei den frühesten Lithographien. Dann
aber ließ er die Linien des Hintergrundes
hineinzucken in die Bewegungen der Körper,
bis er über den Reliefstil hinaus zum vollen,
runden, plastischen Leben kam, das kraftvoll
in die Tiefen des Raumes schwingt. In Dresden
schuf er dann Schnitte, die in dem rhythmi-
schen Zusammenklang der einzelnen Linien
und damit auch in der Einheit von Figur und
räumlicher Umgebung dem Streben der jüng-
sten Künstlergeneration überraschend verwandt
erscheinen.
Zwischen diesen Arbeiten hat er sich ge-
legentlich aufgehalten, wo er bestimmten Auf-
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Einfachheit und Reife der Formensprache ent-
wickelt, die seinen Werken das innere Gleich-
maß geben. Dieser Weg führte ihn über de-
korative Phantasien hinaus zu einer klaren
Trennung von Wandgemälde, Staffeleibild und
graphischem Druck. Es ist zugleich ein Weg
zum Stil, und es ist gut, von dieser Entwick-
lung zu sprechen, damit ihr Ergebnis auch
anderen Nutzen bringt*).
Die ersten Lithographien, die „Eva" für den
Pan und die „Flora" bedeuten noch Ueber-
tragungen von Malereien auf den Stein. Das
Leistikows Arbeiten verwandte Streben, dabei
das Papier unter den Farben völlig verschwin-
den zu lassen, scheint für den graphischen
Stil bedenklich und wurde daher auch schon
in „Sonnige Tage" (erschienen im Pan) auf-
gegeben.
Der erste entscheidende Schritt über diese
bezeichnenderweise durch ornamentale Um-
randung abgeschlossenen Kompositionen hinaus
wird noch während der Berliner Zeit mit „Per-
seus und Andromeda" (für die Freie Vereini-
gung Darmstädter Künstler) getan. Durch den
Verzicht auf Farbe und deckenden Aufdruck
kam der Künstler hier zum Ton, dessen däm-
merndes Spiel dem Bild sein Leben gibt.
Seelisch ist dies Blatt von einer für L. von Hof-
mann kennzeichnenden Feinheit. Es stellt nicht
den Kampf des Ritters dar, sondern seine zarte
Scheu, die befreite Gestalt nun aus den Fesseln
zu lösen und sich zu eigen zu nehmen.
Der diesen Druck kennzeichnende Gegen-
satz von Dunkelheit und Helligkeit gibt auch
den folgenden Arbeiten das Gepräge. So hebt
sich im „Bad im Walde" (für die Künstler-
vereinigung für Originallithographie) das Mäd-
chen von dem Rand des Ufers ab, so wird
das Thema „Jüngling und Pferd", das Ludwig
von Hofmann 1904 in drei Steindrucken be-
handelt, aufgefaßt als Kontrast gelenker heller
Körper vor der schweren Masse der Pferde
und weiter klingend im Widerspiel lichter
Wolken vor dem abendlich dunklen Glanz des
Himmels.
Kaum aber hat Hofmann diese Vollendung
erreicht, als ihn ein neues Problem ergreift:
Schwarz und Weiß verlieren ihre Gegensätz-
lichkeit und fügen sich zu einem gemeinsamen
Spiel silbergrau schimmernder Töne zusam-
men. Das ist versucht in der „Bekränzung
eines jungen Siegers", einem zarten, an leichte
Pastelltöne erinnernden Steindruck und im
„Pferd und Jüngling", wo der Umriß in zartes
*) Eine übersichtliche Zusammenstellung von Hofmanns Gra-
phik veranstaltete die Kunsthandlung Prestel zu Frankfurt a. M.
im Oktober 1913.
Grau abgeschwächt wird. Zur Vollendung er-
hoben ist diese freieste Möglichkeit der Litho-
graphie in den Tänzen, die 1905 im Insel-
verlag erschienen sind und als ein Dokument
der neuen Kunst Weimars aufgenommen wurden.
Da es sich hier um eine Folge handelt,
sind die Blätter erfüllt vom Rhythmus der
großen Komposition. Je geschlossener und ein-
facher in ihnen das Linienspiel dargestellt ist,
um so mehr lebt ein musikalischer Klang, der
hier in einziger Weise für Werke der bilden-
den Kunst erobert wurde. Es gibt vibrierende,
gleichsam getupfte Bilder, in denen man das
Zupfen der Geige zu hören meint, wie etwa
die Szene der beiden Knaben, in deren Kör-
pern sich die Tanzmelodien regen; es gibt
Kompositionen von einem großzügig gewellten
Linienfluß, wie das Bild der „Mänaden", die
sich in rasendem Taumel auf einen Stier stür-
zen, um ihn zu zerreissen, und die Begrüßung
der drei gleichmäßig gebeugten Gestalten
durch einen wie im Tanze erhobenen Arm.
Dunkel und Hell, also gedruckte Töne und
freibleibender Grund, verbinden sich einheit-
lich zu einem farbigen Hauch, so daß wir
über das Blatt hinaus eine große Kompo-
sition wie unter einem Schleier auftauchen
und sich lebendig bewegen sehen. Eine Stei-
gerung dieser letzten Möglichkeit innerlich
geschauter Impressionen schien nicht mehr
denkbar.
Aber auch hier fand das eiserne Streben
des Künstlers einen noch schwereren Weg:
Er kam sechs Jahre später zum Holzschnitt
und ging daran, den strengen Absichten seines
fortschreitenden Kunstschaffens entsprechend,
auch hier ein Zusammenspiel der druckenden
und freibleibenden Teile zu erreichen, das dem
fertigen Blatt das Leben eines farbig klang-
vollen Bildes gab. Mit zarten kleinen Drucken
tastete er zunächst nach den technischen Mög-
lichkeiten, wie seine Kunst sie suchte. Da-
bei blieben die Schatten gelegentlich noch
hart, die Umrißlinien noch zeichnerisch iso-
liert wie bei den frühesten Lithographien. Dann
aber ließ er die Linien des Hintergrundes
hineinzucken in die Bewegungen der Körper,
bis er über den Reliefstil hinaus zum vollen,
runden, plastischen Leben kam, das kraftvoll
in die Tiefen des Raumes schwingt. In Dresden
schuf er dann Schnitte, die in dem rhythmi-
schen Zusammenklang der einzelnen Linien
und damit auch in der Einheit von Figur und
räumlicher Umgebung dem Streben der jüng-
sten Künstlergeneration überraschend verwandt
erscheinen.
Zwischen diesen Arbeiten hat er sich ge-
legentlich aufgehalten, wo er bestimmten Auf-
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