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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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hervorgehoben eine Radierung Manet's: Bracquemond
(einziger Druck) und zwei Rodin'sche Radierungen mit
der kalten Nadel, „la ronde" und „Bellona." Die Biblio-
thek des Kunstgewerbemuseums verzeichnet als wich-
tigsten Zuwachs die typographische Sammlung alter
Druckwerke, die der Architekt Hans Grisebach (im
Frühjahr 1904 gestorben) in langjähriger Arbeit ver-
einigt hatte.

Dieser Künstler hatte seit mehr als zwanzig Jahren
alte Druckwerke in besonderem Hinblick auf ihre typo-
graphische Schönheit und ihren vorbildlichen Wert ge-
sammelt. Die vom Kunstgewerbemuseum übernommene
Sammlung enthält in 1854 Bänden schönste Beispiele aus
den verschiedenen Epochen und Werkstätten des Buch-
drucks vom XV. bis zum XVIII. Jahrhundert, darunter
etwa 2 5 o Inkunabeln des XV. Jahrhunderts aus Deutsch-
land, Italien, Frankreich und den Niederlanden, eine
sorgfältige Auswahl der hervorragendsten Drucke der
Früh-, Hoch- und Spätrenaissance, in der auch die grossen
Illustratoren zur Geltung kommen, sowie vortreffliche
Beispiele der französischen Buchkunst des XVIII. Jahr-
hunderts. Es ist ein Bestand, wie er bisher den Prak-
tikern nur in Leipzig in der königlichen bibliographischen
Sammlung des Buchgewerbemuseums zur Verfügung
gestanden hatte.

Die Sammlung ist in derBibliothek aufgestellt worden
und wird in deren Lesesaal allgemein zugänglich sein.

Die Erben des Herrn Grisebach fügten aus seiner
Sammlung von typographischen Einzelblättern als Ge-
schenk eine Auswahl von 160 Blättern (Titeln, Initial-
folgen, Signeten u. a.) hinzu.

Für das „Handbuch der Kunstdenkmäler Deutsch-
lands", das unter Leitung von Cornelius Gurlitt, Oechel-
häuser und Lorsch von Prof. Dehio herausgegeben wird,
bewilligte der Kaiser 50 000 M. aus seinem Dispositions-
fonds.

Graf Kalckreuth gedenkt sein Amt als Professor in
Stuttgart niederzulegen. Hugo v. Habermann hat einen
Ruf nach Stuttgart erhalten. Man hofft, ihn zum Ver-
bleiben in München veranlassen zu können.

Der Tribuna zufolge hat der Geheimrat v. Mendels-
sohn die Villa Falconieri in Frascati erworben und sie
dem deutschen Kaiser zum Geschenke gemacht, der sie
zum Sitz der deutschen Kunstakademie in Rom machen
wird.

Der preussische Generalkonsul Jakob Salomon Bar-
tholdy, der ein Verwandter der Familie Mendelssohn

war, hat unserer Meinung nach nützlicher für die Kunst
gehandelt als Ernst v. Mendelssohn. Der.Generalkonsul
bestellte bei den Klosterbrüdern von Sant' Isidoro die
Ausmalung seines römischen Hauses, der casa Bartholdy.
Es waren die Künstler Cornelius, Overbeck, die beiden
Veits, die Brüder Schadow, die er wählte. Er hatte die
Künstler — das Haus brauchte er nur zur Verfügung zu
stellen. Ernst v. Mendelssohn hat ein Haus gegeben,
ohne die deutschen Künstler römischer Nation zur Ver-
fügung zu haben, die etwas damit anfangen könnten.
Die deutsche Künstlerbundsstiftung in Florenz ist
freilich in einer ähnlichen Lage.

„Bei der Schlusssteinlegung des Moltkedenkmals am
Königsplatz wurden heute mittag auf Anregung des
Kaisers eine Urkunde eingefügt, die die Geschichte des
Denkmalsbaues wiedergiebt, sowie fünfzig vom Direktor
des Kaiser-Panoramas A. Fuhrmann gestiftete Glas-
stereoskope, die auf das Leben und die Beisetzungs-
feierlichkeiten des grossen Feldherrn Bezug haben. So-
wohl Urkunde wie Stereoskope waren vorher in eine
Kupferkapsel gefügt worden. Als Schlussstein diente
eine Granitplatte, die folgende Inschrift trug:

„WAS DIESER MARMORKERN EINBINDET,

WOHL KEINES MENSCHEN AUGE FINDET,

SOLANGE DIESES DENKMAL STEHT.

DOCH WENN ES EINST IN TRÜMMERN GEHT,

LOBPREISE NOCH IN LETZTER STUND'

DER FELSEN HIER, AUS UNSER'M MUND:

,WIE IMMER SICH WENDEN DES SCHICKSALS WEGE,

MOLTKE WAR UND BLEIBT DER GRÖSSTE STRATEGE.'

GOTT GEBE IN SEINEM GNÄDIGEN WALTEN

UNS DEUTSCHEN STETS SOLCHE HELDGESTALTEN.

Graf v. Schlieffen, Exz., Chef des Generalstabes.

Bildhauer I. Uphues.

Architekt O. Schmalz.

Aktiengesellschaft für Marmor-Industrie Kiefer."

Der stillen Feier wohnten neben mehreren Herren
des Denkmalskomitees Bildhauer Uphues sowie die
Direktoren Eduard Sticksei und August Fuhrmann bei."

Also schrieb der Lökalanzeiger vor mehreren Tagen.
Einige Tage darauf brachte er die nicht uninteressante
Mitteilung, dass die Inschrift auf der Granitplatte ohne
Wissen des Chefs des Generalstabs angebracht worden
war und entfernt wurde. Von den Versen hatten wir so
wie so gedacht, die müssten entweder von dem Kaiser-
panorama, Direktor A. Fuhrmann, oder von der Aktien-
gesellschaft für Marmor-Industrie Kiefer bestritten
worden sein, und unsere Phantasie verweilte bei der
Vorstellung: Aktiengesellschaft für Marmorindustrie. ...
„Aktiengesellschaft für Marmorindustrie — vielleicht
Kiefer," beschlossen wir, jedesmal zu murmeln, wenn
uns ein neues Denkmal im Thiergarten entgegentreten
würde. Und Eduard Sticksei und August Fuhrmann
Hessen in unserer Erinnerung den Fabrikanten des

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