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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0143

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CHRONIK

NACHRICHTEN, AUSSTELLUNGEN ETC.

Bei Paul Cassirer war eine glänzende Ausstellung
aus den verschiedenen Epochen Monets. Von 1872 die
Seine in Argenteuil. DieGlorie eines Sommernachmittags-
himmels mit lichtumränderten Wolken, das Licht auf
dem hellblaugetönten Wasser, der bläuliche Dunst auf
einer Landzunge mit einem hohen Haus, die in der
Ferne sich erhebt, — das alles war wunderschön. Im
Vordergrunde liegt das Ufer, im Schatten; dichte Büsche
sieht man in einem dunklen kräftigen Grün, die von
roten Blumen durchsetzt sind. Unterstützt von einem
im leuchtenden gelbbräunlichen Schatten zur Linken
schwimmenden Bootshaus umrahmen diese Büsche die
lichte Wasserlandschaft so, dass von fern her die Er-
innerung an Turner in unsere Bewunderung für diesen
Claude Monet hineinklingt. Ist hier auch eine kleinere
Wirkung im Verhältnis zu Turnerschen grossartigen,
heroischen, so ist doch der Gegensatz ganz dem ein-
facheren, bescheideneren Gegenstande angepasst. Vor
dieser Seine in Argenteuil hat man das wohlthuende
Gefühl von der vollständigen Gesundheit der Claude
Monetschen Kunst, von ihrer sicheren Meisterschaft,
von ihrer Nicht-Verstiegenheit.

Diese Nicht-Verstiegenheit schliesst durchaus noch
nicht aus, dass aus einem Bilde wie „das blaue Haus"
(1869 gemalt) eine der eigenartigsten Stimmungen her-
vorsteigt. Eine eigentümlich feine, um nicht zu
sagen preziöse Stimmung ist in diesem Bilde enthalten,
mit seiner zunächst beinahe langweilig erscheinenden
Perspektive eines Zauns von blauer Farbe, der auf ein
blaues Haus hinführt und es umgiebt. Gelbgrünes Laub
steigt über die blaugestrichenen Planken auf, das blaue
Haus sehen wir im Profil. Man kann von dem seltsamen
Motiv des Bildes sagen, dass es gewiss einen Schwächling
oder Manieristen reizen würde, Monets Gesundheit
aber lehrt es erkennen, indem es zeigt, wie er das
„Feine" grossartig darstellt, die Subtilität souverän erfasst.
Als ob ein Dramatiker sich dem Schreiben einer Novelle
hingäbe. Man bewundert die Schmiegsamkeit und von
neuem die Meisterfaust.

„Frühsonne" von 1873 (einem der besten Jahr-
gänge des Impressionismus) bietet eins der Motive, die
erst die Impressionisten geschaffen haben. Nie früher
ist eine solche Stimmung dargestellt worden. Nie
früher hat man dafür den Mut gehabt oder vielleicht
nicht die Augen, um den feinen Reiz, ganz im Hellen,

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