BEURONER KUNSTSCHULE, AUS DER KRYPTA VON MONTE CASS1NO
Desiderius Lenz das Nebensächliche zur Hauptsache,
ging der Nuance peinlich aus dem Wege und führte
die Fülle der Gesichte auf ein paar Urformen zu-
rück. Er endete beim Typus, beim Kanon. Es
sind Madonnenköpfe da, deren jungfräuliche Ma-
jestät er nicht intuitiv gefunden, sondern einfach
berechnet hat: in diesen und diesen Verhältnissen
muss ein Frauenkopf gebaut sein, um jungfräulich
und majestätisch zu wirken. Neben die mehr
geometrischen als organischen Vereinfachungen trat
als die Form mitbestimmend die Liturgie, die nur
gewisse Darstellungsweisen des heiligen Stoffes ge-
stattet und Hess den Pater Desiderius, der dem Na-
turstudium abhold ist, bei der grossen Mönchskunst
vom Berge Athos, im „Handbuch der Malerei"
Hülfe suchen. Und als er schliesslich die ägyptische
Kunst kennen lernte, deren gewaltige Monumen-
talität nur Ausdruck weisester Berechnungen,
sicherster Verhältnisse ist, da hatte er sich den ar-
chaisierenden Stil erlesen, der ihm die Renaissance
der hieratischen Kunst zu gewährleisten schien.
So war es Desiderius Lenz, der Maler, Bildhauer
und Architekt in einer Person ist, beschieden, zur
Raumkunst zu gelangen. Und weil diese die ver-
gebliche Sehnsucht unserer Tage ist, fand die beu-
roner Kunst zuerst lauten Beifall und erfuhr die
Ueberschätzung, mit den modernen Stilbestrebungen
identifiziert zu werden. Dagegen sprechen aber,
i 67
Desiderius Lenz das Nebensächliche zur Hauptsache,
ging der Nuance peinlich aus dem Wege und führte
die Fülle der Gesichte auf ein paar Urformen zu-
rück. Er endete beim Typus, beim Kanon. Es
sind Madonnenköpfe da, deren jungfräuliche Ma-
jestät er nicht intuitiv gefunden, sondern einfach
berechnet hat: in diesen und diesen Verhältnissen
muss ein Frauenkopf gebaut sein, um jungfräulich
und majestätisch zu wirken. Neben die mehr
geometrischen als organischen Vereinfachungen trat
als die Form mitbestimmend die Liturgie, die nur
gewisse Darstellungsweisen des heiligen Stoffes ge-
stattet und Hess den Pater Desiderius, der dem Na-
turstudium abhold ist, bei der grossen Mönchskunst
vom Berge Athos, im „Handbuch der Malerei"
Hülfe suchen. Und als er schliesslich die ägyptische
Kunst kennen lernte, deren gewaltige Monumen-
talität nur Ausdruck weisester Berechnungen,
sicherster Verhältnisse ist, da hatte er sich den ar-
chaisierenden Stil erlesen, der ihm die Renaissance
der hieratischen Kunst zu gewährleisten schien.
So war es Desiderius Lenz, der Maler, Bildhauer
und Architekt in einer Person ist, beschieden, zur
Raumkunst zu gelangen. Und weil diese die ver-
gebliche Sehnsucht unserer Tage ist, fand die beu-
roner Kunst zuerst lauten Beifall und erfuhr die
Ueberschätzung, mit den modernen Stilbestrebungen
identifiziert zu werden. Dagegen sprechen aber,
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