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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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beginnt und seine Palette aufhellt; schliesslich Johannes
Ufer, der in Aquarellen ungewohnt grossen Formates
eine seltene Leuchtkraft der Aquarellfarben erzielt.
Als die interessanteste Persönlichkeit neben Kuehl er-
scheint Oskar Zwintscher. Er gehört zu den von der
Linie beherrschten Künstlern, denen die Form sich nicht
malerisch, sondern zeichnerisch offenbart. Man denkt,
ohne vorerst zu vergleichen, an Ingres, denkt an die
englischen Präraffaeliten, denen ein „Bildnis mit
Narzissen" auch in der Stimmung nahe steht. Trotz
seines eminenten zeichnerischen Könnens ist Zwintscher
aber — und das scheidet ihn von den rein linearen Be-
gabungen — ein starker Kolorist, der neben dem
zeichnerischen Gerüst der Dinge auch ihre farbige Hülle,
nicht Seele, festzuhalten weiss. Man hat das Gefühl,
dass Böcklin an diesen Bildern Gefallen gefunden hätte.

Hugo Haberfeid

AUKTIONSNACHRICHTEN

Die Versteigerung der Gemäldegalerie alter Meister
aus dem Nachlasse des Herrn Wilhelm Löwenfeld in
R. Lepkes Kunstauktionshaus war stark besucht. Die
Sammlung enthielt Bilder von hervorragendem Wert.
An erster Stelle sind die niederländischen Meister zu
nennen. Die altdeutschen Meister waren in kleinerer
Zahl, die Italiener hingegen sehr zahlreich vertreten,
besonders die Schule von Bologna des 16. und 17. Jahr-
hunderts. „Der Raub der Europa" von Domenico Zam-
pieri genannt Domenichino brachte 3500 Mark. Von
Pieter Brueghel dem Jüngeren war ein „Rammelgot-
spieler" da. Die Dorfstrasse entlang zieht der Bettel-
musikant von der Dorf jugend umringt. Das Bild er-
zielte 3420 Mark. Jan van Scorel, Flügelaltar mit
Darstellungen aus der Passion, ein vorzüglich erhaltenes
bedeutendes Werk, im Mittelbild die Kreuzigung dar-
stellend, brachte 8300 Mark. (Angeblich soll es für den
Kaiser angekauft worden sein.) Rembrandts „Kreuz-
abnahme" , aus der Sammlung des Stadtbaumeisters
Weyer in Köln stammend, brachte, trotzdem die Echt-
heit des Bildes bezweifelt wurde, 9400 Mark. Der Ge-
samterlös der mehrere Stunden währenden Versteigerung
war ungefähr 120000 Mark.

Unter der Leitung von C. F. Iloos & Co. fand Mitte
Februar eine Versteigerung moderner Gemälde in
Amsterdam statt. Hier nur einige der erzielten Preise:
ein Interieur von Bosboom erzielte yöo fl.; eine Zeich-
nung von Jozef Israels, eine alte Frau, 340 fl.; ein
Aquarell von Matthis Maris 150 fl.; Mesdags steigende
Flut 600 fl.

Am 20. Februar kamen in Rud. Lepkes Kunst-
Auktionshaus Gemälde moderner Meister zur Ver-
steigerung. Eduard Grützner, Holzhauer mit Pfeife in
der Hand wurde für 1200 Mk. verkauft; F. v.Defregger,
Brustbild eines Tirolers für Mk. 2050; Klein-Chevalier,
am Spieltische in Ostende für Mk. 680; K. Dahl,
Glückliche Fahrt für Mk. 670; E. Spitzer, sitzendes
junges Mädchen für Mk. 300; A.Kaufmann, Bauern-
häuser unter Bäumen für Mk. 490.

Eine bedeutende Kupferstichauktion findet unter
Leitung des Kunsthändlers Hugo Helbing in München
am 12. März und folgende Tage statt. Es gelangen
mehrere Sammlungen zur Versteigerung, welche ganz
vorzügliche Kupferstiche, Radierungen und Holzschnitte
von Meistern des XV. bis XIX. Jahrhunderts, kostbare
englische und französische Schabkunstblätter und Farben-
drucke des XVIII. Jahrhunderts, prächtige Porträts, An-
sichten u. A. enthalten. Der mit sieben Tafeln ge-
schmückte Katalog, der durch Hugo Helbing, München,
zu beziehen ist, weist über 2200 Nummern auf. Es
seien nur einige Namen erwähnt, die genügen, das Inter-
esse aller Liebhaber und Sammler zu erregen, so: Hein-
rich Aldegrever, Hans S. Beham, Franz v. Bocholt (der
überaus seltene Christus am Kreuz, Pass. 40), Albrecht
Dürer (214 Nummern), Richard Earlom, Claude Gelee,
Wenzel Hollar, Familie Hopfer, Lukas van Leyden, Is-
rael van Meckenen (zum Teil in selten brillanten Ab-
drücken), Robert Nanteuil, Adrian van Ostade, Georg
Pencz, Marc Anton Raimondi, Rembrandt, Gg. Fr.
Schmidt, Martin Schongauer, Charles Turner, James und
William Ward, Caroline und James Watson, Martin
Zasinger, I. M. Zwott. Den Schluss des Kataloges bilden
ein reicher Nachtrag und eine Reihe von Monacensien.
Die Sammlungen liegen in der Galerie Helbing in
München, Wagmüllerstrasse 15, vom 9. bis 11. März zur
öffentlichen Besichtigung auf.

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