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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Mackowsky, Hans: Das Opernhaus Friedrichs des Grossen und sein Erbauer G. W. von Knobelsdorff, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0317

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konnten.

Mit gewohnter soldatischer Strenge trat Fried-
rich Wilhelm I. gegen das Unwesen auf. Von je-
her war seinem klaren, nüchternen, sparsamen Sinne
der unnütze und sittenverderbende Prunk der Oper
verhasst gewesen. Nie verwand er die Lächerlich-
keit, dass er als junger Kurprinz in einem allegori-
schen Ballet als Cupido, mit dem Pfeil, dem Bogen,
rosenbekränzt und in hochgeschürzter Tunika mit-
zutanzen gezwungen worden war. Trommeln und
Pfeifen und dann wieder ein munteres Jagdgetön
war seinen Ohren die liebste Musik. So räumte er
denn gründlich mit den väterlichen Liebhabereien
auf. Die Blechpfeifer wurden gleich nach dem
Leichenbegängnis unter die Kavallerieregimenter
verteilt. Die kgl. Kapelle wurde aufgelöst, nur der
eine riesengrosse Gottfried Pepusch fand die Gnade
als Stabshautboist in die rote potsdamer Garde ge-
steckt zu werden. Das Theater auf dem Stallplatz
Hess der König zu einer Montierungskammer um-
wandeln, und nur gelegentlich belustigte ihn im
Schloss eine Truppe italienischer Intermezzospieler,
deren Besoldung auf monatlich 148 Thaler
18 Groschen 4 Pfennig zusammengestrichen war.

Zu den Sorgen, die der Kronprinz ihm machte,
gehörte auch Friedrichs Neigung zur Komödie und
zum Flötenspiel. Man weiss, wie sehr dies den
Bruch zwischen Vater und Sohn gefördert hat.
Auch die Aussöhnung brachte auf beiden Seiten
keine Sinnesänderung. Einmal, 173 1, bricht in
einem Briefe die ganze väterliche Barschheit los:
„Aber, was gilt es, wenn Ich Dir recht Dein Herz
kitzelte, wenn Ich aus Paris einen mattre de flute
mit etlichen Pfeifen und Musique-Büchern, im-
gleichen eine ganze Bande Komödianten und ein
grosses Orchester kommen Hesse, wenn ich lauter
Franzosen und Französinnen, auch ein paar Dutzend
petits-mattres verschriebe, und ein grosses Theater
bauen Hesse; so würde Dir dieses gewiss besser

gefallen, als eine Compagnie Grenadiers; denn
die Grenadiers sind doch, nach Deiner Meinung,
nur Canailles, aber ein petit-maitre, ein Französchen,
ein bon j/iot, ein Musiquechen und Komödiantchen,
das scheinet was Nobleres, das ist was Königliches,
das ist digne d'un prince. Dieses sind Deine Senti-
ments, wenn Du Dich recht prüfen willst; zum
wenigsten istDir dieses von Jugend auf von Schelmen
und Huren eingeflösset worden, und hast Du diese
Sentiments gehabt bis in Cüstrin." Ach, er über-
wand sie auch nicht, diese Sentiments, der arme
Kronprinz, und er flüchtete mit ihnen zu seiner
Mutter und zu seiner Lieblingsschwester. Er liebte
Theater und Musik wie seine „Döschens, Etuichens,
bernsteinerne und andere Bagatellen", gegen die
der Alte wetterte, und fand keine Freude an seines
Vaters Lieblingsbeschäftigung, der Jagd. Daran
konnte der König nichts ändern, so sehr es ihn
schmerzte. Rührend ist der Brief an den Fürsten
Leopold von Dessau, wenige Wochen vor des
Königs Tode geschrieben, in dem er dem alten
Waidgenossen seine besten Jagdhunde zum Ge-
schenk anbietet, „weil ich in dieser Welt ausge-
jaget habe, und also die Parforce-Jagd ganz auf-
geben will, um die unnützen Kosten einzuziehen,
indem mein ältester Sohn auch kein Liebhaber der
Jagd ist, noch werden wird."

Des Kronprinzen Augen glänzten, dachte er an
den ersten grossen Eindruck, den die italienische
Oper ihm gemacht hatte. Das war 17 2 8 in Dresden
am Hof August II. gewesen, wohin der Kronprinz
seinen Vater begleitet hatte. Im Gefolge war ausser
dem alten Dessauer noch manch' anderer Waffen-
genosse Friedrich Wilhelms, den Pulverrauch und
Tabaksqualm gleich gut durchgebeizt hatten. Der
polnischen Majestät wird es kein kleiner Spass ge-
wesen sein, diesen auf den Drill eingestellten Augen
das lüstern-galante Gaukelspiel der dresdner Hof-
oper vorzuführen. Die an rauhe Klänge gewöhnten
Ohren fühlten sich plötzlich von den Arien und

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