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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Servaes, Franz: Ferdinand Georg Waldmüller: (1793-1865)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4390#0422

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F. G. WALDMÜLLER, AM WALDRANDE

MIT GENEHMIGUNG DER GALERIE MIETHKE, WIEN

landschaftlichen Natur empfangen hatte, übertrug
er nun auch auf die menschliche Natur und gab
hierdurch seiner Porträtmalerei einen neuen Auf-
schwung. „Mit einem Mal war die Binde von meinen
Augen gefallen. Der einzig rechte Weg, der ewige
unerschöpfliche Born aller Kunst: Anschauung,
Auffassung und Verständnis der Natur, hatte sich
mir aufgetan." Man spürts diesen Worten an, wie
das neue Licht als ein neues Glück in diesen
Künstler einströmte und seine ganze Sinnenwelt
erfrischte und belebte. Zudem hatte er seine Wahr-
heit selbständig gefunden und dies gab ihm den
Mut und die Zähigkeit des Ausharrens, nicht min-
der auch die Kraft, mühselig Erlerntes auf noch
viel mühseligere Art wieder zu vergessen. Das Stu-
dium der italienischen Quattrocentisten und die
begierig aufgegriffenen Anregungen der Pariser
Kunstbewegungen (i 830!) waren ihm ein weiterer
Sporn und befestigten ihn auf seinem Weg. Als

Kern seiner Ueberzeugungen bezeichnet er selbst
die Erkenntnis, „dass die Natur die einzige Quelle
und Summe unseres Studiums sein müsse, und dass
in ihr allein jene ewige Wahrheit und Schönheit
zu finden sei, deren Ausdruck in jedem Zweige der
bildenden Kunst das höchste Ziel des Künstlers

sein müsse.'

Wollte man Waldmüllers Thätigkeit in einen
kunstgeschichtlichen Rahmen spannen, so könnte
man etwa sagen: sie erwächst aus der Tradition, die
Jacques Louis David (1748 —1825} für den euro-
päischen Kontinent geschaffen hat, und sie reicht
mit ihrem Ringen bis weit in die Epoche hinein,
die durch Edouard Manet (1833 —1883) ihre
endgültige Signatur empfing. Dies ist ein Rahmen,
der fast anderthalb Jahrhunderte umfasst, und es

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