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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 4.1906

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Servaes, Franz: Ferdinand Georg Waldmüller: (1793-1865)
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WALDMÜLLER, MÄNNLICHES BILDNIS MIT GENEHMIGUNG VON F. BRUCKMANN

Modistengeschäft einrichtete. Im Jahr 1864 end-
lich wurde er „rehabilitiert"; ein Jahr später starb er.
Wegen seines typischen Charakters erscheint
das Biographische bei Waldmüller belangvoll. Er
selbst war sich dessen bewusst und hat deshalb in
der Vorrede zu seiner Schrift „Das Bedürfnis eines
zweckmässigen Unterrichts in der Malerei und
plastischen Kunst" die traurigen Stockungen und
frühen Hemmungen seines Werdeganges erzählt.
An der Art, wie er falsch erzogen worden war,
wollte er darthun, wie kommende Künstler-
generationen richtig erzogen werden müssten. Er
selbst war, nach sechsjähriger mühsamer Vorberei-
tungszeit, „rechtlos, als vollkommener Anfänger"
seiner Kunst gegenübergestellt worden. Auf eigene
Faust musste er, in Agram, die Oelmalerei erlernen,
und er hat darauf, in Prag und in Brunn, als De-
korationsmaler unter Entbehrungen sich durch-

schlagen müssen. Es folgt eine
fünfjährige Periode, in der er in
den Wiener Galerien durch Ko-
pieren alter Meister zwar mancher-
lei lernt, jedoch nur aufs notdürf-
tigste sich ernährt. Dann versiegt
diese Quelle und er beginnt nun
langsam, mit Porträtieren Geld zu
verdienen. Es hebt nunmehr die
Zeit seines selbständigen Schaffens
an. Hierdurch erklärt es sich, dass
Waldmüller erst als vorgerückter
Dreissiger für unsere Betrachtung
Physiognomie und künstlerische
Umrisse bekommt. Dank der Ver-
hältnisse in seinem Vaterland hat
er bis dahin ein Lehrling bleiben
müssen.

Er wurde nun allmählich ein
Künstler, der eines gewissen Rufes
genoss und der vielerlei Aufträge
bekam. Das erlösende Wort hatte
er jedoch noch nicht gefunden.
Er malte, wie die Anderen malten,
wohl mit grösserer Aiiffassung und
mit breiterer Technik, aber doch
noch mit einer gewissen Befangen-
heit. Vor allem getraute er sich
nicht, wenn landschaftliche Hinter-
gründe erforderlich waren, diese
selbst zu malen. Das hatte er ja
auf der Akademie nicht gelernt
und so übertrug er diesen Teil
seiner Bilder einem befreundeten Fachmann. Sein
künstlerisches Auge konnte sich jedoch nicht dar-
über täuschen, dass auf diesem Wege nun und
nimmermehr eine befriedigende Harmonie und
Einheit zu erreichen sei, und so beschloss er, auf
eigene Faust Landschaftsstudien zu treiben. Dieses
wurde seine Rettung. Da er „in diesem Fache
durch Kopieren noch nicht irregeleitet und ver-
dorben" war, so gelangen seine Versuche in uner-
warteter Weise. „Jetzt war der Moment erschienen,
in welchem der erste Strahl jenes Lichtes vor mir
aufdämmerte, in dessen Glanz ich — leider erst so
spät — die Wahrheit erkennen lernen sollte. So
ward ich zuerst und zufällig auf die Notwendig-
keit und den Nutzen der Naturstudien aufmerksam
gemacht. Naturstudien — ein Begriff, welcher mir
bis dahin völlig fremd geblieben war!" Die Be-
lebung des künstlerischen Sinnes, die er so vor der

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