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Krauß, Fritz
Carl Rottmann — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, Band 9: Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.19424#0290

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Zchlosser und der Goethekreis.

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und dann in Iena. hier lernte l80l Goethe die beiden Lrüder kennen, und
während er in dem älteren Kritz „eine ruhige, verständige Natur" findet, be-
zeichnet er Lhristian als „einen kleinen Nnra^e für die neueste Philosophie und
das mit soviel Geist, herz und Zinn, daß ich und Zchelling unser lvunder daran
sehen." Oieser Lhristian war nach dem unverdorbenen Urteil oon Goethes
Nlutter „sehr überspannt, glaubte mehr zu wissen als begnahe alle seine Zeit-
genossen, hatte wunderbare Ideen ..." Er war ein unsteter, reizbarer Geist,
hat sich nacheinander in der Medizin, der poesie, dem Erziehungswesen und
der politik versucht und starb an einem starken Unfall von Brustentzündung
am 14. Zebruar 1829. Er wurde begraben in der Nirche 88. Vincen^o e ^na-
stasio in Trevi (richtiger: gegenüber der Uontana Vrevi in Nom), wo ihm sein
Bruder ein Grabdenkmal errichten lietz. Neben einem Ubgutz dieses Oenkmals
bewahrt 5tift Neuburg, als weitere Undenken an ihn, eine Nlarmorbüste und
ein Gemälde. Oie Büste zeigt einen fieberhaft verbohrten, ungestümen Zchädel.
Nuf dem schlichten zähen Vlbildnis von der hand des romantischen Nlalers
Zranz Riepenhausen sitzt Lhristian Bchlosser in schwarzem Rock, hohem,
weitzem Nragen und halstuch vor einem grünen Tisch, auf dem, über zwei
grotzen Büchern, seine Rechte ruht. 5ein dunkles kfaar ist wirr zerzaust, die
grauen Nugen stechen verzehrend ins IVeite.

viel matzvoller, gesetzter war der Bruder Zriedrich. Nachdem er 1803 in
Göttingen als Ooktor der Rechte promoviert hatte, lietz er sich als Ndvokat in
seiner vaterstadt Krankfurt nieder. Oies blieb nun auch sein fester lvohnsitz
für die ganze Zeit seines Lebens,- selbst als er dann 1825 5tift Neuburg erwarb,
hielt er sich doch mit seiner §rau während der Mntermonate meist in seiner
vaterstadt auf. Gr vermählte sich 1809 mit 5ophie Ou Zag, mit der er in
kinderloser, aber glücklicher Ehe gelebt hat. 1807 wurde er unter dem Zürsten-
primas Oalberg 5tadt- und Landgerichtsrat, im 5pätjahr 1812 — sicherlich ein
Beweis für seine mannigfaltige Bildung — Gberschul- und 5tudienrat und
Oirektor des neugebildeten Zrankfurter Lpzeums. von da an blieb der Titel
Rat an ihm hängen.

Um diese Zeit geschahen zwei Ereignisse, welche für Zriedrich 5chlosser
von weittragender Bedeutung geworden sind: sie haben seinem fürderen Leben
5inn und Richtung gegeben. Jm 5eptember 1808 starb Goethes Nlutter. Oies
gab den Unlatz zu 5chlossers engem, regem Verhältnis zu Goethe. Oas andere
war der Übertritt 5chlossers zur katholischen Nirche im Jahre 1814. von hier
aus knüpfen sich die Zäden zu den romantischen Oichtern und INalern.

Nach dem Tod seiner Nlutter schickte Goethe, zur Regelung der Lrb-
schaft mit den Lnkeln seiner 5chwester, seine Zrau Lhristiane nach Krankfurt,
um die Ungelegenheit „glatt und nobel" abzumachen. Ullein erledigt war die
5ache damit nicht. Oenn die Erbschaft, meist liegendes Gut, blieb in Zrank-
furt stehen, und Goethe brauchte daher am Grt einen geschäftserfahrenen Ver-
treter. Oazu wählte er den Rat 5chlosser. Oer Briefwechsel, der sich daraufhin
zwischen beiden entspann, dauerte fast bis an Goethes Lebensende. (Lr wurde
1877 von Zulius Zrese mit anderen Goethe-Briefen aus Zritz 5chlossers Nachlatz
herausgegeben.) lvir ersehen daraus, wie 5chlosser mithalf, den 5toff für

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