Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

DOI Artikel:
Mielke, Robert: Eine Ausstellung deutscher Volkskunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0081

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(Eine Ausstellung deutscher Volkskunst.

95. Paradehandtuch aus Holstein. (,/10 der wirkl. Größe.)

sondern mit dem Kerzen anschaut. Aus diesem
Mangel schreibt sich die Empfindung der Leere her,
die den weitaus größten Theil des deutschen Volkes
von einer rückhaltlosen Hingabe an künstlerische
Ideale zurückhält. Erst wenn wieder das Interesse
für die Aeußerungen unserer Volkskunst vorhanden ist,
die in der unmittelbaren Umgebung des Einzelnen,
in Haus und Wohnung, Kirche und Gemeinde ge-
geben ist, kann sich jenes ideale Verhältniß wieder
Herstellen. Dann wird aber auch die Kunst wieder
getragen von der Stimmung, die allein ein nationales
Kunstbekenntniß ermöglicht. Betrachten wir die In-
tensität des Kunstgefühls bei den verschiedenen Völkern,
so stellt sich heraus, daß keines — selbst die Hellenen
nicht ausgenommen — dafür so beanlagt ist wie
das deutsche, und daß keines dem Kommen einer
Volkskunst so entgegenharrt wie das deutsche. In
mancherlei Anzeichen ist die Sehnsucht zu Tage ge-
treten. Die Architektur bewegt sich schon jetzt bei
Villen und besseren Landhäusern in dieser Richtung.
Lokale Ueberlieferungen (Scherrebeck, Flensburg, Ober-
ba^ern u. A.) sind schon mit Glück wieder zum Leben
erwacht; andere werden nicht Zurückbleiben, wenn
durch eine Ausstellung der äußere Anlaß gegeben
wird. Schließlich haben auch die vielerorts mit
größeren Ausstellungen verbundenen althistorischen
Dorf- und Städtebilder kein anderes Ziel, als die
engeren Landsleute in unserer rastlos arbeitenden
Zeit des Wechsels wieder an die Ruhe und Samm-
lung ihrer Vorfahren zu erinnern, aus der diese
Kunstwelt emporblühen konnte.

Es sei zum Schluß gestattet, noch zwei Punkte
technischer Natur zu streifen, die zwar erst dringend

werden, wenn eine Ausstellung deutscher Volkskunst
gesichert ist, die aber als Voraussetzung einer solchen
nicht umgangen werden können: Im welchem Um-
fange und wo soll sie stattfinden? wer den obigen
Ausführungen gefolgt ist, wird es herausgefunden
haben, daß der Verfasser eine solche möglichst um-
fangreich fehen möchte. Es wird sich auch nicht ab-
weifen lassen, dieselbe mit Berücksichtigung aller
Thätigkeiten der ländlichen Hauskunst und mit Be-
tonung des landschaftlichen Zusammenhangs in's
Leben zu rufen, wie weit dabei auf eine ältere Zeit
zurückgegriffen werden soll, wird von den auszustellen-
den Gegenständen und in zweiter Linie von den
Mitteln abhängen, die für die Ausstellung zur Ver-
fügung stehen. Doch läßt sich annehmen, daß die
an vielen Orten bereits vorhandenen Sammlungen
(Hamburg, Kiel, Flensburg, Braunschweig, Berlin,
Frankfurt a. M., München ic.) einen landschaftlich-
künstlerischen Zusammenhang nahelegen, voraus-
gesetzt, daß diese Sammlungen für unseren Zweck
zur Verfügung gestellt werden. Hieran dürfen wir
nicht zweifeln, denn gerade, weil wir schon Vereini-
gungen dieser Schätze haben, werden die Besitzer gern
bereit sein, dieselben, die nach Kenntniß des Verfassers
allein nur in Hamburg zur vollen Geltung kommen,
auch einmal weiteren und dankbaren Kreisen zugängig
zu machen.

Als Ort einer solchen Ausstellung kann aus
praktischen Gründen nur eine leicht zu erreichende
Großstadt in Frage kommen; ausgeschlossen dürfte eine
inmitten eines Industriebezirks gelegene fein, welche
einen bleibenden Eindruck für's Erste noch in Frage
stellen würde. Spricht für München seine Lage als
Lentrum eines an alten volksthümlichen Erinnerungen
noch reichen Landgebietes, so sprechen für Berlin nicht
nur seine Eigenschaft als Reichshauptstadt, sondern
mehr noch die überaus reiche Sammlung des,, Museums
für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Haus-
gewerbes", die leider, weil sie von privaten Seiten
gespendet und unterhalten, ganz unübersichtlich in

I 9s u. 97. Vberbaz'er. Riegelhauben in Gold- und 5ilberstickerei.

66 . —
 
Annotationen