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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Habich, Georg: Villa Stuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0206

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Villa Stuck.

Dimensionen des aus eisernen Trägern mit Beton-
verkleidung bestehenden Gebälks die Spannweite,
welche ein ächter Steinblock zweckmäßiger Weise
höchstens haben darf, bedeutend überschreitet. Blöcke
von solcher Länge wie diejenigen, welche die beiden
Tcksäulen mit der Hausfront verbinden, würden un-
fehlbar infolge ihrer eigenen Schwere bersten. —
Zum Schmuck der Fagade dienen einige wenige Skulp-
turen, sämintlich dem klassischen Alterthum an-
gehärend: die bekannte kapitolinische WölsiiV), der
beiden Ainderfiguren, einer
stillosen, barocken Zuthat
entledigt und in einer Nische
sehr wirksam aufgestellt,
inr Borgarten ferner ein
schlankes Rehlein, die
Nachbildung einer be-
kannten herkulanensifchen
Bronze, und auf dein Dach-
first vier weiße Statuen,

Aopien berühmter Antiken,
die da oben auf dein
Hintergrund des blauen

Aethers erst die wunder-
volle Silhouettenwirkung
wieder gewinnen, die ihnen
die Magazinirung in un-
seren modernen Museen
so schnöde geraubt hat.

Die Maske, welche den:

Vorgartenbrünnlein als
Wasserspeier dient (siehe

Abb. 27\), ist von Stuck
selbst modellirt.

Heber die Raumdis-
position im Inneren orieii
tiren besser als viele Worte
die beigegebenen Grund-
risse (Abb. 288 und 289,

Seite 205). Ts sei nur
auf die sinnreiche Anordnung der Treppen — nicht
weniger als drei enthält das Gebäude •— und

auf die als überaus praktisch sich bewährende
Verlegung der Wirthschaftsräume unter das Dach
hingewiesen. Interessanter für den Architekten als
für den gewöhnlichen Besucher ist die axeale In-
kongruenz zwischen den Grundrissen der beiden
Geschosse, die sich jedoch ungezwungen aus der Ver-
schiedenartigkeit des praktischen Zwecks der betreffen-

') Die klassische Bestie, welche Stuck zur tvächterin seines
Hauses gewählt hat, schmückt auch den Umschlag, den der
Künstler eigens für diese Nummer unserer Zeitschrift zu zeichnen
die Liebenswürdigkeit hatte.

den Räuinlichkeiten erklärt. Tin Rundgang durch
die Räume wird das anschaulicher machen.

Tine tiefe Treppennische enthält die schwere
Pforte, welche den Tingang verschließt (Abb. 272).
Schimmerndes Trz — die ornamentalen Theile in
Feuer vergoldet — bekleidet die Thüre, und wie
die Alten es liebten, über Thür und Thor, auf
den, Buckel der Schilde, ja inmitten ihrer Trink-
schalen die Gorgonenfratze anzubringen, die den
friedlichen Bürger wie den rauhen Arieger oder den

fröhlichen Trinker vor An
gemach schützen sollte, so
bemerken wir das wohl-
bekannte Medusenhaupt, in
der alterthümlichen Stili-
sirung der Vasenmalerei,
auch hier auf die Haus-
thür geheftet. Aber nicht
in abergläubisch - apotro
päischem Sinne grinst uns
das Schlangenhaupt hier
entgegen, ein launiger
Aünstlereinfall war es viel-
mehr, der den aufgerissenen
Mund des klassischen Scheu-
sals zu einem prosaischen
Briefeinwurf umwandelte.
(Abb. 277.) Die hübsche
Idee hat nach Stuck's
Tntwurf Tiseleur Tosmas
Leyrer hier mit gewohnter
Txaktheit ausgeführt. —
Treten wir ein, so um-
fängt uns ein geräumiges
Vestibül (Abb. 273 und
27%), bas in der Haupt-
sache noch den Charakter
der Fagade festhält: ein
kühler, grauer Steinton
ringsum, steinern auch der
Mosaik Tstrich und die Aassettendecke. Die Deko-
ration beschränkt sich, wie an der Außenseite, vor-
wiegend aus einfache lineare Motive, die in Gelb
und Schwarz aufgemalt sind: ein umlaufender Spiral-
fries rein geometrischen Stils :— ein Lieblingsmotiv
der Stuck'fchen Ornamentik — leitet über zu der
etwas reicheren Decke, deren Aassetten und Balkenlage
mit Rosetten, Voluten, Spiral- und Hakenkreuzen,
wie sie die alten Vasenmaler auf ihren Gefäßen
liebten und häuften, in reichem Wechsel, aber immer-
hin mit künstlerischer Sparsamkeit geziert sind. Das
lineare System der Dekoration setzt sich auch auf dem
Tstrich fort und entwickelt sich hier besonders elegant;

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