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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Schorß, Max: Ein Vorschlag zu Förderung der graphischen Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0226

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(Ein Vorschlag zur Förderung der graphischen Künste.

Lichtdrucker und Lithographen ihrerseits wiederum
auch solche Arbeiten an sich zu reißen suchen, die
mittelst Elichödruck auf der Buchdruckerpresse viel
zweckentsprechender und schneller hergestellt werden
könnten.

Sehr oft indessen ist aber gar nicht einmal dieser
jedem Menschen mehr oder minder innewohnende
Selbsterhaltungstrieb oder der Konkurrenzneid der
Grund einer solchen Handlungsweise ; ebenso oft trägt
die ganz eiitseitige und unzureichende Ausbildung,
die viele dieser Firmeninhaber in ihrem Fache ge-
nossen haben, die Schuld. Biele von ihnen kennen
eben nur das Verfahren, in dem sie gerade gearbeitet
haben, und häufig auch das nur unvollkommen.

Wie kann man beispielsweise von dem Besitzer
einer kleinereit Druckerei, der vor seiner Etablirung ein
sehr flotter und intelligenter Zeitungssetzer gewesen
sein mag, verlangen, daß er — plötzlich durch
einen Glückszufall, eine Erbschaft oder peirath in die
Lage versetzt, sich zu etabliren — mit einem Schlage
allen neu an ihn herantretenden Anforderungen ge-
wachsen ist? Bom Accidenzsatz wird er gewöhnlich
ebenso wenig verstehen wie von: Zurichten und von
der Behandlung der Eliches beim Zllustrationsdruck;
uitd die Arbeiten, die aus seiner Offizin hervor-
gehen, müssen hinsichtlich ihrer Ausführung natur-
gemäß ebenso viel zu wünschen übrig lassen, wie die
Ausbildung seiner Lehrlinge, die gewöhnlich in dieser
Art von kleinen Betrieben als billige Arbeitskraft

die theueren Accidcnzsetzer und Maschinenmeister er-
setzen sollen und zu diesem Zweck förmlich gezüchtet
werden. Welcher Schaden der ganzen deutschen Buch-
druckerkuitst durch einen solchen Geschäftsbetrieb zu-
gefügt wird, ist klar.

Aehitlich liegen die Verhältnisse auf dem Gebiete
des Steindrucks, einer Reproduktionsart, welche eine
Zeit lang von deutschen Künstlern im Gegensatz zu
ihren französischen Kollegen, die selbst auf den Stein
zeichneten, wegen der manualen Uebertragung, die
ihre Bilder vor der Vervielfältigung erfahren mußten,
förmlich gemieden wurde, und dadurch schließlich auch
beim Publikum geradezu in Verruf kam.

Erst neuerdings, mit dem Aufschwung, den das
Plakatwesen genommen hat, und mit der Vervoll-
kommnung der Photo-Lithographie, in welcher die
von Malern mit Recht so gefürchtete „fremde pand"
bei der Uebertragung auf den Stein ja in Fortfall
kommt, ist auch dieser Zweig der graphischen Künste
wieder etwas mehr zu Ehren gekommen.

Klein ist aber trotz alledem immer noch die
Zahl der Künstler, die dem vom Auslande ge-
gebenen Beispiel folgt und sich nicht nur auf das
Schaffen von neuen Kunstwerken beschränkt, sondern
gleichzeitig auch bei der Vervielfältigung derselben
mit pand anlegt; und verständnißlos steht im Allge-
meinen das Gros derselben, sowie überhaupt der ge-
bildeten Stände dem hochinteressanten Schaffen der
siebentausend deutschen Buch- und Steindruckereien

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