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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "deutschen Kunstausstellung" zu Dresden , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0317

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Das Kmistgewerbe auf der Deutschen Kunstausstellung zu Dresden.

<*32. Kleiderschrank aus dem Schlafzimmer von B. Pan kok (Abb
vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk, München.

hin in Glasfensterstil, durch Koitfolen in einzelne Felder
zerlegt, die Decke ist durch Leistenwerk und Oberlicht
mit gelber Opalverglasung belebt. Alles wirkt ruhig
und einfach. Das Konstruktive des polzrahmenwerkes,
immer roth gehalten, bewegt sich fast immer in den
naturgemäßen Richtungen der Senkrechten und Wag-
rechten. Nur iu den scheinbar willkürlich, aber doch
fein berechneten Auerstäben der Glasscheiben regt sich
die moderne Künstlerlaune, und da folgt gleich die
Strafe auf dem Fuße. Die wagrechteu Borten in

den Wandschränken, die als das
Noth wendige an erster Linie bei
der Linienausgestaltung hätten
berücksichtigt werden müssen,
wollen zu dieser Willkür nicht
recht passen.

Erfreulich ist auch der
ästhetische Eindruck des kleinen
Kinderzimmers von Bertfch
und Ubbelohde, Ukünchen
(Abb. ^28 und H29). Kleine
einfache Wobei, blaugrün ge-
tönt, niedriges Wandgetäfel,
darüber ein abgetheilter Fries
mit kleinen naiven, das Auge
der Kinder beglückenden Darstel-
lungen aus ihrer Wahrheit und
Dichtung im modernen Bilder-
buchstil, alle Formen nur durch
leichte Schwingungen belebt.
Es scheint alles fo recht für
den besonderen Zweck erdacht
zu sein. Bei näherer Durch-
prüfung hält freilich manches
von: praktischen Standpunkt

aus nicht Stand. Die blanken
Weffingfcheiben an dem polz-
getäfel, nur Zierstücke ohne
praktische Bedeutung, fordern
die Entdeckerlust und damit den
Zerstörungstrieb der Kinder
unweigerlich heraus, von der
Noth, sie beständig zu putzen,
ganz abgesehen. Die Glas-
scheiben in den Schrankthüren,
ihrer Undurchsichtigkeit wegen
gleichfalls nur Schmuck, sieht
man ungern in der Kinderstube;
Glas und Streichhölzer sind hier
die gefürchtetsten Eindringlinge.
^0- Dann haben auch die Tischplatte

und die Schrägen des Schrankes
jene bösen, Kinderköpfen so feind-
lich gesinnte Ecken, gegen die schon so oft gepredigt
worden ist. Sie fehlen allerdings völlig an den kleinen
Lehnstühlen. Alles ist hier in Kurven aufgelöst,
aber wie man sieht, nicht aus praktischen Erwägungen,
praktische Erwägungen haben bei ihrer Gestaltung
überhaupt nicht sehr mitgespielt. Wie würde man
sonst für Kinderstühle so gebrechliche Dinge konstru-
iren l Die Seitenlehnen ruhen hier vorne allein auf
Streben, die zu den Hinterbeinen herabsteigen. Ein
scharfer Stoß, ein Fall — so etwas soll in Kinder-

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