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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Steinlein, Stefan: Wandlungen in der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0227

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Frankreich abermals unter dem dritten Napoleon
die Brandfackel über den Rhein zu tragen ver-
suchte, konnte das Völkerschlachtdenkmal bei Leip-
zig enthüllt werden.

Das Denkmal der Befreiung, das Schinkel auf dem
Tempelhofer Berg bei Berlin in den Jahren ^8
bis ^82t erbaute, ist ein gotischer Turm aus Guß-
eisen; im Aufbau dem Nürnberger „Schönen
Brunnen" verwandt. Schon im Jahre t8tO, also
„vor der Erhebung, schlug Schinkel für den Bau der
Begräbniskapelle für die Königin Luise den alt-

die Pläne einer Kathedrale für den Leipziger Platz,
als Denkmal der Befreiungskriege in gotischen
Formen.

Neben der Gotik wirkten die klassizistischen Ten-
denzen fort, und es wäre eines der belehrendsten
Kapitel, und nicht allein nur für die neuere Archi-
tektur bedeutsam und aufschlußreich, die geistigen
Kämpfe bis in ihre letzten Triebfedern der Einzelnen
und Gruppen zu verfolgen, um zu erkennen, wie
sich ethische, religiöse und politische Strömungen
und Strebungen der verschiedenen architektonischen

deutschen Stil vor, in dem ihm der Gedanke der
Erhabenheit, der Entwicklung und des Strebens
nach der Höhe, der Feierlichkeit und vor allem des
inneren, tiefen, geistigen organischen Zusammen-
hangs, der Vollendung ausgedrückt schien, Hier erst
werde die Wirkung und der unmittelbare Einfluß
jeden einzelnen Teiles eines Werkes auf das ganze
übrige Werk und umgekehrt sichtbar und darstell-
bar, während gerade dies der Antike völlig abgehe,
deren Zusammenhang bloß Zusammenstellung phy-
sischer Bedürfnisse sei, bei der die eigentliche geistige
Verschmelzung aller Teile in das Ganze fehle."
Schinkel entwarf auf Wunsch Friedrich Wilhelms 11 l.

Stilüberlieferungen bedienten, was alles man in
die jeweils gewählten Stilformen und Ausdrucks-
mittel hineingeheimnißte, als deutsch oder un-
deutsch, als den gemäßesten Ausdruck des „Deut-
schen schlechthin", als edel oder als profan und
frivol empfand, und dekretierte.

Als Goethe aus Italien heimkehrte, war ihm die
Gotik nichts mehr, Hatten sich auch später die
literarischen Romantiker auf ihn zu berufen ge-
sucht, der endliche Bruch mit ihren Tendenzen war
unvermeidlich. Im zweiten Teil des Faust rechnet
Goethe noch an vielen Stellen, so in der klassischen
Walpurgisnacht mit den Romantikern ab. So ist

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