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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 77.1927

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Schinnerer, Adolf: Hans Thoma: Rede einer Gedächnisfeier der Akademie der Bildenden Künste in München am 18. Januar 1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.7094#0025

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GROSSER H Ö R S A A

Mitteln der impressionistischen Malerei besser, als es
bisher möglich gewesen war, das schilderte, was die
Seele bewegte.

Das ist das Entscheidende: die Tonmalerei, später
die Farbe und der Umriß waren ihm nicht Selbstzweck,
sie waren ihm nur Mittel um immer wahrer und deut-
licher zu sagen, was er zu sagen hatte. Die Malerei ist
Thoma eine Sprache, ein Mittel zur Verständigung mit
den Mitmenschen, nur wenn man mit dieser Sprache
etwas sagen kann, hat es Sinn sich ihrer zu bedienen.

Diese Auffassung entfernt das Bild ebenso sehr von
der Anekdote wie von der Dekoration. Die Kunst so
betrachten heißt sie als eine Angelegenheit des Geistes
und des Herzens, als eine im hohen Sinne menschliche
Angelegenheit betrachten. Das ist die spezifisch ger-
manische Einstellung zur bildenden Kunst.

Dürer sagt einmal: Die Malerei hat die Aufgabe,
das Leiden unseres Herrn darzustellen und Van Gogh
sah in der Kunst eine Möglichkeit, die Menschen besser
und glücklicher zu machen Diese Auffassung von
Kunst, wie sie Dürer, Thoma und Van Gogh hier ver-
treten, ist heute wenig beliebt. Es ist eine gefährliche
Auffassung; das wird uns täglich von Leuten, die
außerhalb der Gefahrenzone stehen, vorgehalten, aber
wir wissen es schon selber. Die Gefahren bestehen
darin, daß der Inhalt sich über die Form erhebe, die
Form sprenge.

Bedingung ist also eine Form, die fähig ist, den In-
halt aufzunehmen, oder umgekehrt ausgedrückt: Der
Inhalt muß Form werden, wenn er Kunst sein soll.
Mehr Inhalt, weniger Kunst wird im „Hamlet“ dem
umständlichen Polonius zugerufen, die meisten Maler


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