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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 77.1927

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Esswein, Hermann: Münchens kulturelle Zukunft, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7094#0164

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STAATLICHE KUNST GE WERBESCHULE MÜNCHEN

MOB F. BUCHEINBAND

sie künstlich belebt und stützt, wird uns eines Tages auch
wieder auf ökonomisch sicheren und sauberen Boden zu-
rückführen. Darum ist es für den berufenen Künstler,
den richtig gelernten Kunsthandwerker und den reellen
Geschäftsmann ein Glück, daß die allgemeine Wirtschafts-
lage jetzt allmählich den Abbau dieser ungesunden Neu-
gründungen einleitet, denn selbst erheblich beschränkte
Absatzmöglichkeiten werden, wenn man sie richtig zu
nutzen versteht, dem bisherigen Zustand vorzuziehen sein.

Fragt sich nun, wie wir diese sich allmählich zwangs-
läufig vollziehende wirtschaftliche Gesundung unterstüt-
zen und als eine neue Norm unseres Produktions- und
Erwerbslebens befestigen können?

Als Produzenten sicherlich vor allem durch richtiges
Erwägen dessen, was not tut, durch Anpassung der Er-
zeugnisse an wirkliche, und was besonders den Inland-
markt anlangt, den Mitteln weiterer Kreise erschwing-
liche Bedürfnisse, durch gesteigerte, geschärfte, ver-
feinerte künstlerische Pflege, aber auch durch wissen-

schaftliche Rationierung der Betriebsform, die sich wohl
oder übel dem technisch-industriellen Zeitwandel wird
anpassen müssen, ohne mit ihm Raubbau treiben zu dür-
fen. Man rechnet heute allenthalben noch viel zu sehr
mit dem Gewesenen, unwiederbringlich Verlorenen.
Unsere Maler z. B. haben sich gewöhnt, für den Ausstel-
lungssaal anstatt für den bescheidenen Wohnraum zu
arbeiten, und man gibt ihnen in der Öffentlichkeit leider
zu wenig Gelegenheit, ihr in neuerer Zeit hochentwickel-
tes dekoratives Können zu verwerten. Vielleicht würde
sich das ändern, wenn sich die Preispolitik unserer Künst-
ler mehr der tatsächlichenWirtschaftslage anpassen würde,
so daß wieder für Preise, die heute der Halbkünstler und
sogar der Stümper verlangt, anständige, ihrer geistigen
Haltung nach nicht allzu subj ektive Kunst zu erstehen wäre.

Der Werkkunst aller Art wird die eines unausbleib-
lichen Tages wieder einsetzende Bautätigkeit, deren
Förderung immer und immer wieder von allen Künstler-
verbänden programmatisch betrieben werden sollte, ein

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