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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1817

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https://doi.org/10.11588/diglit.12992#0065
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fang des zwölften Jahrhunderts. Eine Bemerkung, die
noch wenig gemacht ist, weßfalls denn auch mehrere mit
alter Architektur vertraute Männer den Unterschied des
Stvles zwischen den Seiten - Pfeilern und den Gewölben in
sehr alten Kirchen, besonders in mehrern zu Kölln, sich
nicht haben erklären können. Wenn man aber bedenkt, daß
diese Kirchen Anfangs nur ein hölzernes Dach hatten und
erst im dreyzehnten ja vielleicht im vierzehnten Jahrhunder-
te mit einem Gewölbe von Steinen bedeckt worden, so löst
sich das Räthsel von selbst auf. In Rom sieht man noch
viele alte Kirchen mit hölzernen Dächern. Wie sehr über-
haupt das ganze obere Gewölbe über der Empor-Kirche durch
den mehrmaligen Einsturz der Kuppel, durch die Erbauung
des Chors und der Kapellen, so wie durch- das Wiederauf-
bauen der Kuppel selbst, müsse beschädiget worden ftyn, be-
weist schon der Umstand, daß von den alten ursprünglichen
lind künstlichen steinernen Geländer, womitder obere äußere
Kranz geziert war, nur noch ein Gefach übrig und die an-
dere Brustwehr von gewöhnlichen Backsteinen aufgeführt ist.
Be» dieser Gelegenheit kann nicht unbemerkt bleiben, daß
das eben erwähnte noch zur Brustwehr dienende Geländer
mit denen von Bronze, die inwendig die ganze Empor-Kir-
che umgeben, viel Aehnliches habe. Woraus zu schließen,
daß sie bepde aus den Zeiten Karl des Großen her-
stammen. Dieses ist auch ohne Zweifel der Fall mit den
schönen Kirchen-Thüren von Bronze, wovon drey bepm
Haupt-Eingange und eine der St. Foillans-Kirche gegenüber
angebracht sind. Hier ist der Ort zu sagen, daß die bekann-
te Volks-Fabel von des Teufels Daumen, der in dem
Maule des an einem der Thürflügel sich befindenden Lö-
wenkopfes sitzen geblieben sepu soll, auf eine sehr natürliche
Art erklärt werden könne, indem dieser vermeinte Daumen
nichts anders als der in den Rachen des Löwen gelegte dicke
Theil eines ehemals darin angebrachten Ringes ist, dahin-
gegen der andere Flügel den seinigen ganz verloren hak.
Man überzeugt sich auch bep näherer Untersuchung der
Löwenköpfe, daß um die Ringe herauszunehmen, der un-
tere Theil von der Thüre abgebrochen und nachher wieder an-
genietet worden ist.

Bepm Heraufsteigen der Treppe, die zur Empor-Kirche
führt, sieht man einen, bepnahe deren Eingänge gegenüber
befindlichen, gewölbten Gang welcher jetzt mit einer eisernen
Gatter-Thüre verschlossen ist. Dieser Gang ist sicher zu
gleicher Zeit wie die Mauer aufgebaut und hat aller Wahr-
scheinlichkeit nach den Kaisern zum obern Eingänge gedienct,
indem von dort aus der verdeckte Gang angefangen haben
muß, welcher zum kaiserlichen Palaste gcführct und durch
dessen Einsturz Ludwig der Fromme bepm Herausge-
hen aus dem untern Theile der Kirche bepnahe erschlagen
worden wäre. Ans diesem Umstande und der Lage der
Kirche lässt sich auch vermurhen, daß die Haupt-Faxade des

Palastes nach dem Dohme zu, mithin auf der Süd-Seite,
gewesen. Der Markt-Platz ivar in jenen Zeiten nicht vor-
handen, sondern es befand sich vielmehr dort ein Graben.
Bey tiefen Ausgrabungen auf dem jetzigen Marktplatz fin-
det es sich auch, daß er, so wie der Bühel, von aufgehauf-
rem Schutte entstanden, welches denn ganz natürlich schei-
nen wird, wenn man annimmt, daß dieser Palast außer sei-
nem Ungeheuern Umfange noch mit hohen dicken Mauern
und einem Erdhügel umgeben war. Er muß demnach un-
gleich tiefer als das gegenwärtige Rathhaus gestanden ha-
ben, so wie der noch vorhandene Grannus Thurm jetzt einen
Stock tiefer in der Erde steht. Dadurch fallt auch die oft
gemachte Bemerkung hinweg, daß der Kaiser die Kirche
niedriger gesetzt habe, als seinen Palast. Wie groß aber
dieser Palast gewesen, kann man sich kaum denken, denn
nach den gleichzeitigen Geschichtschreibern war nicht allein
darin Platz für alle zum Hofe gehörige Personen, sondern
auch für alle Große, für alle Vasallen, für alle Bischöfe, für
alle angesehene Personen geistlichen und weltlichen Standes,
die beständig aus den Provinzen nach Hofe kamen.

Daß der jetzige Fußboden in der Kirche nicht mehr der
alte ftp, bedarf wohl keiner Versicherung. Wie vielen Ver-
änderungen mag er schon unterworfen gewesen ftpn! Wenn
man ihn aber aufnehmen und klafter - tiefe Nachgrabungen
machen konnte, so würde sich wohl manches alte Stück vor-
finden. So viel ich indessen von denjenigen, welche bep Weg-
räumung der Steine, *) die vor der Franzosen Zeit die
Grabstätte Karls des Großen bedeckten, zugegen wa-
ren, habe erfahren können, so fand sich auch nach klafter-
tiefer Ausgrabung keine Spur mehr von dem Gewölbe,
worin er zu Zeilen Kaiser Otto HI. in seinem kaiser-
lichen Ornate, auf dem Throne sitzend, vorgefunden worden.
Wahrscheinlich ist es schon bey der zwepten Eröffnung unter
Kaiser Friedrich I. zerstört worden.

Der von Letzterm mittelst einer äußerst schweren und
künstlichen Kette über sein Grab gehangene große Kronleuch-
ter, der aber in den letzten Zeiten viele silberne Zierrathen
verloren haben soll, ist wirklich ein ehrwürdiges Stück des
Alterthums. Dieses und ein in kaum leserlicher Schrift, so
wie sie im zwölften Jahrhundert im Gebrauche war, abge-
fasstes Diplom, worin die Privilegien der Stadt Achen **)
bestätigt und ihr das Münzrecht erlheilt wird, dessen wohl

*) Der Marmor-Stein, worauf der Raub der Proscrpina
abgebildet, hat seit Menschen - Gedenken nicht auf dem
Grabe Karls des Großen gelegen, sondern cs war
bis zur Ankunft der Franzosen mit gewöhnlichen Stei-
nen bedeckt. Ja mit der Geschichte vertraute Männer
versichern, daß er cs nie bedeut habe.

**) In dein Archive der Stadt Achen befinden sich Origi-
nal-Diplome von den inehrstcu dort gekrönte» Kaisern.
Bekanntlich war Ferdinand I. der letzte, welcher dort
gekrönt wurde. Nur Schade, daß keine Urkunden von
Karl dem Großen und Ludwig dem Frvm-
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