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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1817

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https://doi.org/10.11588/diglit.12992#0064
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Nro. i z.

Kunst-Blatt

l8i?.

Ueber den Dohm zu Achen.

Daß der Achner Dohm in der letzten Hälfte des 8ten Jahr-
hunderts *) auf Befehl Karls des Großen meistens
mit Quadersteinen, die er von den niedergerissenen Mauern
der Stadt Verdun hatte kommen lassen, erbauet und im
Jahre 804 vom Papste Leo HL in Gegenwart vieler Kar-
dinale, Bischöfe und Fürsten eingeweihet worden, ist aus
den Achner Chroniken,**) welche ihre Nachrichten vorzüglich
aus dem Eginhard schöpfen, hinlänglich bekannt. Ebenso
weiß man aus den nämlichen Quellen, daß mit Erlaubniß
des Papstes die ehemals darin gewesenen kostbaren Säulen
von Porphir und Marmor aus dem Palaste Theodorichs in
Ravenne genommen wurden, wozu denn freplich wohl andere
Säulen aus der St. Gereons Kirche zu Kölln und den
Granitbrücheu des Köllncr Stiftes gekommen sepn mögen.

Was man aber über dieses, in feiner Art einzige Ge-
bäude in Deutschland, noch sagen kann, aber unsers Wis-
sens nicht gesagt worden ist, soll hier mit wenig Worten
vorgetragen werden.

Einem jeden Kenner fällt es bey der ersten Ansicht des
Dohmcs auf, daß seine alten Kapitularen so wenig Ge-
schmack als Dankbarkeit für ihren Stifter gehabt, daß sie
seinen in griechischem Style aus ConstantinS Zeitalter
errichteten achteckigen Tempel durch ein ganz unverhältniß-
mäßiges Chor,***) welches denselben verschlingen zu wollen
scheint, und durch mehrere Gorhische Kapellen so verbaut
haben, daß seine wahre äußere Gestalt nur noch an drcp
Ecken sichtbar ist.

Wenn man gleichzeitige Münzen als die zuverlässigsten
Beweise in der Geschichte annehmen muß, so kann eS wohl
Hey Ansicht der unter Karl'dem Großen geprägten
Münzen keinem Zweifel unterworfen sepn, daß dieser Tem-
pel zu seiner Zeit in achteckiger Form ganz frey gestanden

•5 Zwischen den Jahren 778 — 785.

**) Die Chronik des gelehrten und verdienstvollen Archivar
Meyer verdienet hier besonders angeführt zu werden.

***) Das Chor wurde iin Jahre izzz von dem Baukünstlcr
und Stadl Achenschen Bürgermeister, Gerard Frey-
herrn von S chellard, theils aus dem reichen Ver-
mächtnisse des Stifts - Propstes , Grafen Gerard
von Vircmbcrg, theils aus Freygebigkeit dessen
Nachfolgers, des Grafen Wilhelm von Webe, ge-
baut. Ebengedachter Bürgermeister hat von diesem Chor-
Sebäude den Namen Ehorns ansenommen.

und daß weit entfernt, sich nach der jetzigen Tauf-Kapelle
erstreckt zu haben, wie es mehrere glauben« er nicht ein Mal
den Thurm gehabt hat, der seines alterthümlichen Ansehens
wegen allgemein als gleichzeitig mit ihm angesehen wird.
Ja man hat Ursache sich davon zu überzeugen, wenn man
bepm Durchgänge unter diesem Thnrme vier Stufen her-
unter steigen muß, um in den Tempel zu kommen, der doch
ursprünglich so sehr erhöhet war, daß wenigstens eben so
viele Stufen zu ihm hinauf geführt haben müssen. Es
scheint daher mehr als wahrscheinlich, daß nicht nur dieser
Thurm, sondern auch in späterer Zeit die alte Kapelle des
Heilgen Nikvlas, auf den durch die Trümmer des kaiserli-
chen Palastes erhöhten Boden erbaut worden, welcher Pa-
last mehrere Male,'vielleicht im neunten Jahrhundert, von
den Normännern zerstört worden ist. Bon dieser Seite
muß sich überhaupt das Erdreich ungleich mehr aufgehäuft
haben, als der St. Foillans Kirche gegenüber, indem man
hier noch ebenen Fußes in den Dohm gehen kann.

Bepm Herumgchenauf dem bleperncn Dache, so weit es
das unförmliche Chor erlaubt, findet man, daß die ganze
runde Kuppel bis aus ihr Fundament von Neuem wieder
aufgeführt ist. Man erkennt auch bald die Steile in der
Rundung, wo zuerst wieder aufgesetzt worden. Gewiß ist
auch die gegenwärtige Kuppel nicht die erste, welche nach der
ron Karl dem Großen erbauet worden, denn es ist
ja bekannt, daß diese Kirche bereits von den Normanen im
neunten Jahrhundert durch Plünderung und Brand verwü-
stet und, baß bep den häufigen Feuersbrünsten, wovon die
Stadt Achen in den nachfolgenden Jahrhunderten, besonders
im Jahre iü56, heimgesucht ward, auch der Dohm so sehr
gelitten hat, daß das ganze Dachwerk in die Kirche hineinge-
stürzt ist, welches nicht ohne große Beschädigung des dün-
nen Mauerwerks, worauf es ruhete, geschehen konnte. Viele
haben sich durch die auf kleinen Säulen ruhenden Bogen,
die rund um die Kuppel gehen, verleiten lassen, auf das graue
Alter derselben zu schließen; allein man kann ihnen wohl
die Bemerkung entgegensetzen, daß die alten Materialien
und besonders die kleinen Säulen bep der Wicderaufbammz
benutzt worden, und daß man bedacht gewesen ist, der neuen
Kuppel ein der alten ähnliches Ansehen zu geben.

Es ist zudem nicht zu zweifeln, daß das erste Dach der
Kirche, so wie die Kuppel von Holz gewesen, denn dieses
war der Fall mir allen Kirchen in Deutschland bis zu An-
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