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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1817

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https://doi.org/10.11588/diglit.12992#0077
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Nro. 18.

Kunst-Blatt.

i 8 i 7*

Fügers Zeichnungen zu Klopstocks Messias.
(Von Leybold gestochen. Herausgegeben von Frauen-
holz.)

Als im Jahr 1760 die erste vollständige Ausgabe des
Messias dev Hemmerde in Halle erschien, batte
Klopstock selbst die Ideen zu den Kupfern angegeben,
die den ersten zehn Gesängen vorgesetzt waren. Fünf davon
hatte ein damaliger Zeichner und Kupferstecher Fritsch in
Hamburg gezeichnet und gestochen; Cr usiu s die fünf an-
dern. Hatte nun der Crstere K l v p stockS Ideen nickt ge-
fasst, oder war cs feine Unfähigkeit sie auszuführen; alle
diese Blätter waren äußerst schlecht, ohne Geist und Ge-
schmack, wie in der Zusammensetzung so in der Ausfüh-
rung gerathen. Zwar gcriethen die fünf Blätter des letz-
tern Künstlers etwas besser, in allem Betracht: doch war
Klopstock abgefchreckk; er ließ die zehn letzten Gesänge
ohne Kupfer erscheinen, und batte lange nachher icdes ähn-
liche Unternehmen seinen Verlegern nniersagt. Der Sän-
ger des Messias besaß feurige Liebe zur Kunst und einen
zarten Takt, daS Große und Schöne in ihren Werken zu
entdecken; aber mir den eigentlichen Kunst-Kennknissen
fehlten ihm die klaren Vorstellungen non den Grenzen der
bildenden Kunst. Er fühlte als Dichter, forderte als solcher von
dem Künstler weit mehr, als dieser leisten kann, und verwech-
selte so die unbegrenzten Schöpfungen der Poesie mit dem Be-
schränkten der bildenden Kunst. Er schien gleichsam zu glauben,
der Künstler könne, vermittelst der Linien des Schattensund
Lichts, die ihm allein zu Gebote stehen, darstellen und dieselben
Empfindungen, Genüsse und Begeisterung erregen, als es
der große Dichter durch die geistige und unbegrenzte Allmacht
der göttlichen Sprache vermag, um den beabfichteten Ein-
druck den feinsten innern Sinnen des Menschen da unmit-
telbar zuznführcn, wo der Künstler nur zu einem äußern
Sinne spricht. Wohl empfand er in Hinsicht seines Gedich-
tes die Unmöglichkeit und das Unschickliche versinnlichender
Darstellungen gewisser geistiger und hochheiliger Gegenstän-
de, wie die Vorstellung Gottes des Vaters. Cr verwarf
jedes Bild von ihm: um desto strenger aber waren seine §0-
derungeu an den Künstler, in Absicht der Vorstellungen des
Gottmenschen Christus, der Seraphe, dann Satans und
der gefallnen Engel, und des Ausdrucks, der in seinem Ge-
dicht bezeichneten Verschiedenheit dieser Charaktere und Mo-
mente. Das erfuhr die liebenswürdige deutsche Künstlerinn

Angelika Kaufmann, als sie in hoher Begeisterung für
den Dichter und sein göttliches Gedicht, im Jahr 1767,
die Scene aus dem zweyten Gesänge, wo Jehannes den
am Grabe seines ermordeten Sohnes verzweifelnden Sam-
m a findet, und seinen Bruder Joel tröstet, gemahlt, und
Klopstock zum Geschenk gesandt hatte. Im Gefühl ihres
Unvermögens, den seinen Jünger begleitenden Christus wür-
dig und dem Dichter genügend darzustellen, hatte sie die-
sen in dem Gemählde weggelassen. Klopstock war hier-
über unzufrieden, wechselte darüber lange mit ihr Briefe,
und suchte sie zu veranlassen, zu einer künftigen Ausgabe
des Messias Zeichnungen zu liefern. Angelika war hie-
zu freylich nicht die geeignete Künstlerinn. Die bescheidne
Frau suhlte das selbst, und um so mehr bey Klopsto cks
hochgespannten Forderungen und Erwartungen. Sie ver-
weigerte die Unternehmung entscheidend für immer.

Einige Jahre vor der von Goschen unternommenen
Prachtausgabe von Klopstocks Werken, lernte dieser
Füger aus einigen seiner, an einen Freund in Hamburg
gesandten, Gemählden, Zeichnungen und nach diesen gestoch-
nen großen historischen Blättern kennen, und ward einer
seiner innigsten Bewunderer. „Er allein ists, sagteer,
der für den Messias zeichnen kann und soll." Zugleich mit
diesem bis aufs Höchste gestiegnen Wunsch aber entstanden
nun wieder dieselben, ins kleinste Einzelne gehenden Forde-
rungen, von der Behandlung solcher Darstellungen, welche
er, dreißig Jahre früher, an Angelika Kaufma nn
gemacht hatte, und wodurch diese von dem Unternehmen
abzehalten ward. Auch unserm Füger wollte er diese als
Gesetze verschreiben, welches sein Freund in Hamburg, der
den frepen Geist und selbstständigen Charakter dieses Künst-
lers, der sich solche Fesseln nicht anlegen lassen würde, bes-
ser kannte, verhinderte. Doch theilte eben dieser Freund
Fügern den Wunsch Klopstocks mit, ohne der damit
verbundnen Bedingungen und Forderungen gegen ihn zu er-
wähne». Gleichzeitig hatte Göschen deßwegen an Fü-
ger geschrieben, und dieser fühlte sich durch Klopstocks
Wunsch so hoch geehrt, daß er das genaue Studium des
Gedichts, mit Zurücklcgung seiner übrigen Arbeiten, sogleich
vornahm, und zum Versuch einige Gegenstände daraus
zeichnete. „Klopstocks Ideen" — schrieb Füger wah-
rend dieser ersten Versuche — „sind keinem Künstler erreich-
bar." Welche Mittel hat die bildende Kunst, um jene geisti-
Register
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