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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1817

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https://doi.org/10.11588/diglit.12992#0067
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und es wegen ihrer Schwere und Unförmlichkeit ganz un-
wahrscheinlich ist, daß sie durch mechanische Mittel nach
Achen gebracht worden, so haben viele sie für einen Meteor-
stein halten wollen; allein sollte es nicht damit folgende na-
türliche Bewandniß haben?

Es ist aus der Geschichte bekannt, daß Karl der
Große das goldene Bildniß des Ostgvthischen Königs
Theodorich, zu Pferde sitzend, mit Einwilligung des Pap-
stes Lev von Ravenna nach Achen bringen, und im Pa-
laste aufstellen ließ; es wird hinzugesetzt, daß das Pferd
vom Kaiser Zeno hergerührt, Theodorich aber den Schmuck
hinzugefügt habe. Die Geschichtschreiber, welche uns erzäh-
len, daß die Normanner im Jahre 88i den Achner Palast
abgebrannt, sagen uns nicht, was aus der Statue zu Pfer-
de geworden. Es ist daher wohl erlaubt, zu vermuthen,
daß sie in diesem großen Brande zusirmmengeschmolzen und
mit vielen fremden Thcilen vermischt worden.

Da sich nun die Masse in der Nähe des Kaiser-Bades,
mithin auf einem Platze, wohin sich der Kaiserliche Palast
erstreckte, gesunden hat, so kann man wohl annehmen, daß
es der aus der Zerschmelzung der Statue entstandene Klum-
pen sey, zumal ein hohles Pferd und ein hohler Reiter von
Metall, welche auch ein ähnliches Fußgestell gehabt haben mö-
gen, ungefähr etn solches Volum haben Hervorbringen können.
Herr Monnheim er gibt auch zu, daß diese Masse in Fusion
gewesen sep.

Friedrich Gr. v. R....

Kunstnachrichten aus der Schweiz.

Lm Junv 1817.

Es gehört ohne Zweifel unter die erfreulichen Erscheinun-
gen , wenn nach so vielen überstaudeuen Leideusiahren sich
der Kunstsinn auch wieder auf dem geliebten Schweizerboden
zu regen, und als alter eingewurzelter Keim in neue Blü-
rhen cmporzustreben beginnt, Noch drückt zwar des ftied-
lichen Landes Höhen und Tiefen manche bittere Noth, zu-
mal jetzt, wo diese von vbenherab, eigentlich wie aus den
Wolken gefallen zu seyu scheint. Doch selbst in diesem
beengenden Dunkel glänzt der Stern heiterer, besserer
Zukunft, und spricht fremde nud einheimische Wanderer
tröstend an. — Die Kunstausstellungen in Zürich vorigen
Jahres, und was der bescheidene Fleiß noch anderswo iw
Stillen bewirkte, möchten diese schönen Hoffnungen nicht
unschwer bezeugen. Bekannt und vielartig gepriesen sind
die dichtcr'schen Gestalten von den HH. Vogel, Ge si-
lier, Volmer, Diogg, rc. — und in jüngsten Tagen
ein gerühmtes Altarblatt von H. Moos. — Jedem das
Seine! — Aber auch der stille unermüdete Fleiß eines vor
schon mehrcrn Jahren in den Hauptstädten Zürich, Schaff-
hausen, und seit drep Jahren in St. Gallen rühmlichst be-

kannten, Künstlers F. I. Menteler aus Zug, verdient
hier seinen Kunstgenossen mit Ehren «»gereiht, und so
wieder im friedlichen Chor schweizerischer Künstler dem
Publikum genannt zu werden. — Eine von ihm kompo-
uirte nun erst vor wenigen Wochen vollendete Arbeit, ist
ein 7 Schuh hohes, und 4 Schuh breites Altarblatt in eine
Pfarrkirche: Die Madonna mit dem Kind, getragen von
Engeln, oben der ewige Varer, der herniederblickend mit
der eine» Hand auf das unten von dem Arm der Mutter
umschlungene und aus einer Wolke sitzende Kind hindeutend,
zu sprechen scheint: Das ist mein Geliebter — den sollt ihr
hören! Das Hauptbild, die Madonna mit ihrem schlanken
Körperbau, dem schönen Ovale ihres Gesichtes freundlich,
hold und lieb, dem zur Seite ein Aapvael'scher Schleper herab-
fließr, ist wahre heilige Poesie. Von himmlischen Höhen
blickt sie hinab ins ErdenpUger-Thal, und verbreitet milde
Güte, Zutrauen und Hoffimng, zum Erlöst-werden von
allem Menschen-Elend. Ein wahres Salve Regina: int al-
ten Kirchenstyl, in dessen Grundtöne gewiß jeder Beschauer
willig einirimmt mit: Havc pia Virgo Maria!

Dann die Engelgruppe von unten, zumal der rechter
Hand mit kräftigem Arm die Madonna unterstützend empor
trägt, und dessen weißgrauer Fittig sich im schönblauen Him-
melsgrunde trefflich ausnimmt, und mit seinem lockige»
Haupte zu der Himmlischen aufschaut; dann der Kleinere
ihm zur andern Seite, den Saum ihres Mantels haltend,
und halb in Wolken versteckt, — voll kindlicher Naivetäc;

— das, — nur schwach hier angcdculct — ordnet das Gan-
ze zu einer der schönsten Kegelgruppen, die gedacht werde»
mag. — Und nun die gewählte Drapperie des ihre Kniee
umschwebenden Mantels groß und schön gedacht; bann der,
durch den Druck des Engels motiviert, vvrschwcbende Fu-
im hellsten Lichrauffall ganz vorzüglich der schönsten Natur
entnommen; und endlich die vollends überall schöne fleißige
Ausführung, der markige Pinsel, der reine einfache und
doch vielrönige Auftrag des Farbenschmnckes, der sich wie der
Sonnenstrahl zwar überall bricht, aber auch noch im tiefste»
Schatten milde leuchtet, und das Auge beruhigend ersetzet;

— wahrlich eine sehr gemülhliche holde Erscheinung, gleich-
sam aus einer andern fremden Welt! — Referent will hier
abbrechen, um das — ne quid nimis! — nicht zu überschrei-
te»; und so noch einzelne trefflich gelungene Partien des Gan-
zen , so wie einige andere vorzügliche Arbeiten und Copien
nach R a p h a e l, D v m i n i ch i n 0 u. s. w. unbeleuchtet lassen.

— Genug! Der brave Künstler hat hier gezeigt— quid va-
leant humcri; — und so darf er von der Stufe als rühm-
lichst bekannter Portrait-Mahler, worin er den besten der
Schweizerkünstler an die Seite gesetzt werden darf, dem hö-
her» Rufe als Geschichtmahler mit ruhiger Würde folgen.—
Möge ihn und sein Geschick ein glücklicher Genius begleiten,
und ihm überall wohlwollende Freunde und Gönner werden,
die sein stiller und sanfter Charakter sucht, sein edles Herz
verdienet. Quod felix faiutuiuquc iit! .
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